Süddeutsche Zeitung

Irland:Osteraufstand 1916 - Sechs Tage, die Dublin verwüsteten

Am 29. April 1916 ergaben sich die letzten irischen Aufständischen der britischen Armee, die Hauptstadt lag in Trümmern. Doch der entscheidende Schritt Richtung Unabhängigkeit war getan.

Dublin im April 1916: Die Sackville Street (heute: O'Connell Street) im Stadtzentrum liegt in Trümmern. Knapp 1500 Rebellen hatten am Ostermontag, dem 24. April, strategisch wichtige Gebäude in der Hauptstadt besetzt, um von dort aus gegen die britische Herrschaft und für eine irische Republik zu kämpfen.

Die Aufständischen errichteten Barrikaden wie hier in der Townsend Street, um den Vormarsch der britischen Truppen zu behindern.

Doch sie hatten keine Chance. Die Briten waren um ein Vielfaches in der Überzahl, verfügten über Artillerie und setzten vom Fluss Liffey aus sogar Kanonenboote ein. Viele Zivilisten starben bei den teils unpräzisen und willkürlichen Angriffen. Im Bild feuern Soldaten der britischen Armee hinter einer Barrikade aus leeren Guinness-Fässern.

Der Aufstand war schon nach wenigen Tagen beendet. Am 29. April kapitulierten die Rebellen. Etwa 500 Menschen, viele von ihnen Zivilisten, kamen ums Leben. Auf dem Bild sind Soldaten zu sehen, die in Dublin ihr Essen auf der Straße kochen.

Dublin war dort, wo die Kämpfe gewütet hatten, verwüstet. Die Bevölkerung hungerte, Kinder suchten in den Trümmern nach Brennholz.

Nach den Kämpfen mussten die Menschen den Schutt beseitigen. Viele verachteten die Republikaner wegen des Aufstands und der Not, die die Bevölkerung leiden musste.

Die Schäden waren auch deswegen so groß, weil die Feuerwehr während der Kämpfe nicht ausrücken konnte. Viele Gebäude wurden vollkommen zerstört, wie hier an einem Kai an der Liffey.

Manche Häuser stürzten erst nach den Kämpfen ein, nachdem sie im Inneren vollständig ausgebrannt waren.

Die Liberty Hall griffen die Briten an, weil sie der Sitz der Irish Transport and General Workers Union war - einer Gewerkschaftsvereinigung, der auch der Kommandant des Dubliner Aufstands, James Connolly, angehörte. Er war einer der Männer, die am Ostermontag das Hauptpostamt besetzten.

Die Post diente den Aufständischen als Hauptquartier und wurde bei den Kämpfen von den Briten schwer unter Beschuss genommen.

Das Innere des Gebäudes wurde vollkommen zerstört.

Im Dublin Castle wurde nach der Niederschlagung des Aufstands ein provisorisches Krankenhaus eingerichtet. Die britische Armee bewachte die dort versorgten Rebellen streng.

Insgesamt nahmen die britischen Besatzer etwa 3000 Personen fest. Viele von ihnen kamen in Internierungslager. Unter ihnen auch Michael Collins, der im späteren Irischen Unabhängigkeitskrieg (1919-1921) eine führende Rolle in der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) einnahm.

Insgesamt 16 Aufständische wurden als Rädelsführer des Osteraufstands hingerichtet. Besonders brutal war die Exekution James Connollys: Er war bei den Kämpfen so schwer verwundet worden, dass er vor Schmerzen nicht einmal mehr stehen konnte. Er wurde - an einen Stuhl gefesselt - erschossen.

Auch die Brüder Patrick (re.) und William Pearse wurden hingerichtet. Patrick war wie Connolly einer der Anführer. Er ahnte, dass der Aufstand keine Chance auf Erfolg hatte. Er glaubte aber, dass er und seine Mitstreiter die Unabhängigkeitsbewegung durch eine Art Martyrium stärken würden. Tatsächlich machte die brutale Reaktion der Briten den Osteraufstand im irischen Volk populär. Der Erfolg im späteren Unabhängigkeitskrieg wäre ohne diesen wohl nicht möglich gewesen.

Der Aufstand ist bis heute nicht in Vergessenheit geraten. Am 24. April 2016, genau 100 Jahre nach Beginn der Kämpfe, demonstrierten irische Republikaner in der nordirischen Hauptstadt Belfast und erinnerten an die Anführer.

Einige britische Loyalisten beschimpften die Teilnehmer der Kundgebung. Noch immer ist die Bevölkerung Nordirlands tief gespalten zwischen Befürwortern und Gegnern eines vereinigten Irland. Nordirland war nach dem Ende des Irischen Unabhängigkeitskriegs 1921 unter britischer Kontrolle geblieben. Der Rest Irlands wurde zunächst Freistaat, später Republik.

Die Osterproklamation der Aufständischen von 1916 ist im Arbour-Hill-Friedhof von Dublin in eine Mauer eingraviert. Dort sind auch die hingerichteten Anführer begraben.

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