Iran: Atomwissenschaftler getötet:Attentat im Berufsverkehr - Verdacht gegen Mossad

Die Tat ähnelt früheren Anschlägen: Ein Wissenschaftler des iranischen Nuklearprogramms wird in seinem Auto erschossen. Die iranische Führung glaubt: Es waren Mossad und CIA.

T. Avenarius und P. Krüger

Kurz vor dem geplanten Auftakt neuer Atomgespräche mit Iran ist ein iranischer Atomphysiker bei einem Attentat getötet worden. Bei einem fast zeitgleichen zweiten Bombenanschlag in Teheran wurde ein weiterer Hochschullehrer verletzt.

Still image taken from video shows damage to a car following the detonation of a planted bomb in Tehran

Schuss durch das Autofenster: In Teheran wurde ein führender Atomwissenschaftler erschossen - von westlichen Geheimdiensten?

(Foto: Reuters)

Die beiden Wissenschaftler haben möglicherweise eine wichtige Rolle in dem international umstrittenen Nuklearprogramm Irans gespielt. Teheran machte die Geheimdienste der USA und Israels für die Attentate verantwortlich. Innenminister Mustafa Mohammed Nadschar sagte: "Die CIA und der Mossad sind immer die Feinde Irans gewesen. Sie haben stets versucht, unseren technologischen Fortschritt zu sabotieren."

Iranischen Medien zufolge waren die Attentäter im morgendlichen Verkehr auf Motorrädern an den Autos der Wissenschaftler vorbeigefahren. Sie hatten ihre offenbar mit Magneten versehenen Bomben an der Karosserie der Fahrzeuge befestigt. Die Sprengsätze seien kurz darauf explodiert.

Während der Atomphysiker Maschid Schahriari umkam, soll der Laserspezialist Fereydoun Abbasi-Davani überlebt haben. Die in zwei Stadtteilen der Hauptstadt ausgeführten Angriffe fanden zeitlich kurz hintereinander statt. Die Forscher waren jeweils zusammen mit ihren Ehefrauen unterwegs, die dabei ebenfalls verletzt wurden.

Warnung an die "Feinde Irans"

Der Chef der Teheraner Atombehörde warnte die "Feinde Irans": "Diese Art von Komplott wird die Entwicklung der iranischen Atomprogramme nur beschleunigen", sagte Ali Akbar Salehi, nachdem er den überlebenden Wissenschaftler im Krankenhaus besucht hatte.

Fereydoun Abbasi-Davani soll Spezialist für Isotopen-Trennung sein. Er gilt als eine zentrale Figur im iranischen Nuklearprogramm. Im Anhang zur UN-Resolution 1747 aus dem Jahr 2007 wird er als hochrangiger Wissenschaftler des Ministeriums für Verteidigung, Streitkräfte und Logistik genannt und unterliegt damit Reisebeschränkungen.

Laut der UN-Resolution pflegt er enge Verbindungen mit dem Institut für angewandte Physik (IAP) und dem mutmaßlichen Chef eines geheimen iranischen Nuklearwaffenprogramms, Mohsen Fakrisadeh. Das IAP, einst am Stadtrand von Teheran gelegen, ist vermutlich bis mindestens 2002 eine der zentralen Forschungs- und Entwicklungsorganisationen des iranischen Atomwaffenprogramms gewesen. Nach der Enttarnung des geheimen Atomprogramms rissen die Behörden den Gebäudekomplex ab und trugen Erdreich ab.

Dies erhärtete den Verdacht, dass Hinweise auf waffenbezogene Arbeiten verwischt werden sollten, etwa Spuren hochangereicherten Urans. Abbasi soll viele Jahre lang Mitglied der paramilitärischen Revolutionsgarden gewesen sein.

Es wird vermutet, dass die geheimen Teile des Nuklearprogramms unter Aufsicht der Garden stehen. Der bei dem Attentat getötete Wissenschaftler Maschid Schahriari soll ebenso wie Abbasi Professor für Nuklearphysik an der Teheraner Schahid-Beheschti-Universität gewesen sein. Die Uni betreibt möglicherweise Grundlagenforschung für das Raketen- und Nuklearprogramm. Die iranische Exil-Oppositionsgruppe NCRI hatte ihn 2004 als Experten für Urananreicherung bezeichnet. Angaben der NCRI haben sich allerdings nicht immer bewahrheitet.

Die Attentate ähneln früheren Anschlägen auf mutmaßliche Mitarbeiter des Atomprogramms. Der Teheraner Physik-Professor Massud Ali Mohammadi war im Januar 2010 umgekommen: Er starb durch einen Sprengsatz, der an einem neben seinem Auto geparkten Motorrad befestigt war. Im Jahr 2007 war ein Atomforscher durch eine Gasvergiftung in seiner Wohnung ums Leben gekommen.

Auch in diesem Fall fiel der Verdacht auf den israelischen Geheimdienst Mossad.

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