Iran:Wut aufs System

In Iran reicht ein kleiner Protest, um eine große Systemkrise auslösen zu können. Nun hat das Regime die Benzinpreise erhöht und den Sprit sanktioniert. Das ist eine seltsame Entscheidung in einem rohstoffreichen Land. Die politischen Konsequenzen könnten enorm sein.

Von Tomas Avenarius

Wenn die Regierung eines erdöl-gesättigten Landes den Benzinpreis drastisch verteuert und den Sprit rationiert, hat sie den Verstand verloren oder das Wasser steht ihr bis zum Hals. In Iran scheint Letzteres der Fall zu sein: Bekamen die Bürger der Islamischen Republik den Treibstoff über Jahrzehnte für kleines Geld, muss angesichts der durch die US-Sanktionen verschärften Wirtschaftskrise Geld in die Kasse.

Die Proteste im ganzen Land mögen bisher noch unter Randale verbucht werden. In der mehr oder minder totalitär geführten Islamischen Republik können sie sich aber im Handumdrehen in echten politischen Unmut verwandeln. Die über Jahre aufgestaute Wut ist riesig, die Wirtschaftslage wird täglich schlechter, die Perspektiven der jungen Generation gehen gegen null. Wenn die Regierung nun behauptet, mit der Benzinpreiserhöhung wolle sie doch nur den sozial Schwachen helfen, glaubt ihr das keiner: Teheran gibt seit Jahren Geld für Undercover-Kriege in Syrien, Jemen und Libanon aus und will dies weiter tun. Die Armen im Land interessierten die Machthaber bisher wenig.

Teheran läuft Gefahr, dass aus dem Unmut über den Spritpreis politischer Widerstand gegen das System wird. Dass man solchen Widerstand früher einige Male niederschlagen konnte, heißt nicht, dass dies immer gelingt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: