Das Dementi kam spät, gemessen daran, was am Donnerstag in New York passiert sein soll. Zwei Tage lang brauchte das iranische Außenministerium, bis es die Meldung abstritt. Am Donnerstag hatte die New York Times berichtet, dass sich Irans Botschafter bei den Vereinten Nationen mit Elon Musk getroffen haben soll, dem wohl wichtigsten Berater des künftigen US-Präsidenten Trump. Zwei Iraner, die dabei waren, erzählten der Zeitung von einer „positiven“ Atmosphäre, es sei darum gegangen, die Spannungen zwischen den USA und Iran zu mindern. Die beiden Länder pflegen seit 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr, im Nahostkonflikt stehen sie sich verfeindet gegenüber.
Am Samstag also teilte das Außenministerium in Teheran mit, die Meldung der Times sei falsch. Damit reagierte es vor allem auf den Druck aus dem eigenen Apparat. Konservative Abgeordnete sehen es nicht gern, wie sanft sich Iran seit Donald Trumps Wahlsieg gibt. Außenminister Abbas Araghchi sagte erst am Freitag, man sei zu neuen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm bereit, er erwarte eine Initiative der Europäer.
Iran trachte Trump nicht nach dem Leben, hieß es insgeheim
Musk ist zwar, bisher zumindest, kein Regierungsvertreter. Das Treffen mit ihm, sollte es stattgefunden haben, wäre trotzdem ein Signal – einen so hochrangigen Kontakt zwischen den beiden Ländern gab es lange nicht mehr. Außerdem wäre es ein Indiz dafür, dass Iran seit Trumps Wahl nervös ist und auszuloten versucht, wie es sich auf dessen zweite Präsidentschaft einstellen kann.
Iran und Trump verbindet, vorsichtig gesagt, eine tiefe Abneigung. Im iranischen Regime würden sich viele gern an ihm dafür rächen, dass er als Präsident vor knapp fünf Jahren die Tötung von Qassim Soleimani befahl, des Kommandeurs der Quds-Einheit, der Auslandstruppe der Revolutionsgarden. Soleimani war der Architekt des iranischen Einflusses im Nahen Osten, vor allem in Syrien und Libanon. Aus Sicht des Regimes ist Trump deswegen bis heute jemand, der den Tod verdient. Erst vor wenigen Tagen warfen die US-Behörden den Iranern vor, ein Attentat auf Trump geplant zu haben. Iran soll den USA allerdings im Geheimen versichert haben, dass man Trump nicht nach dem Leben trachte.
In Teheran wissen sie noch genau, wie sich der Republikaner in seiner ersten Amtszeit verhielt. Er kündigte das Atomabkommen JCPOA, das der Westen 2015 mit dem iranischen Regime geschlossen hatte. Iran verpflichtete sich damals, sein Nuklearprogramm einzuschränken und damit zu zeigen, dass es auf den Bau einer Bombe verzichtet. Donald Trump begann stattdessen eine Politik, die er „maximalen Druck“ nannte. Die seither bestehenden Sanktionen belasten die iranische Wirtschaft noch immer stark.
Trump sagt: „Sie können keine Atomwaffe haben.“
Nun fürchtet die iranische Führung, dass Trump seinem Freund, dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu, mehr Freiheiten für einen Angriff auf Iran geben könnte. Trump sprach sich dafür aus, die iranischen Atomanlagen zu attackieren; allerdings sagte er auch, dass er sich ein „erfolgreiches“ Iran wünsche. „Aber sie können keine Atomwaffe haben.“
Doch weiß auch Trump, dass sich der Nahe Osten verändert hat. Zwar hat Israel in diesem Jahr seine militärische Überlegenheit demonstriert, hat bei seinem letzten Luftangriff auf Iran unter anderem die iranische Luftverteidigung stark geschwächt. Ähnlich erging es der Hisbollah, Irans wichtigster Verbündeten. Das Land ist also längst nicht mehr in einer Position der Stärke.
Andererseits aber hat sich das Regime mit den Golfstaaten ausgesöhnt. Als Trump zum ersten Mal das Weiße Haus bewohnte, wollten auch die arabischen Länder um Saudi-Arabien eine harte Linie gegen Iran. Das hat sich geändert, erst am Wochenende kam der Generalstabschef des saudischen Militärs nach Teheran und traf seinen iranischen Amtskollegen. Offenbar ein Signal, dass Saudi-Arabien keine Eskalation zwischen USA und Iran möchte.
Iran könnte innerhalb von Wochen waffenfähiges Uran herstellen
Erst im Sommer hat das iranische Regime einen neuen Präsidenten wählen lassen, der die Beziehungen zum Westen wieder beleben sollte. Massud Peseschkian versprach, sich für ein Ende der Sanktionen einzusetzen. Auch im Konflikt mit Israel hielt sich Teheran lange zurück. Aber nur so lange, bis Israel die libanesische Hisbollah und damit auch Irans Macht schwächte. Anfang Oktober griff Iran den jüdischen Staat mit Hunderten Raketen an.
Neben den Raketen bleibt Teheran zur Abschreckung fast nur noch das Atomprogramm. Derzeit liegt der Anreicherungsgrad des iranischen Urans bei etwa 60 Prozent, innerhalb von Wochen könnte das Land waffenfähiges Uran herstellen. Fraglich nur, was die Drohung mit der Atombombe wert ist, angesichts dessen, was William Burns, der CIA-Direktor, kürzlich versicherte: Die Geheimdienste würden es rechtzeitig erfahren, sollte Iran tatsächlich eine Bombe bauen wollen.
Die iranische Führung weiß, welches Risiko sie damit einginge. Es käme einer Kriegserklärung gleich. Betont freundlich empfing das Regime vergangene Woche Rafael Grossi, den Chef der internationalen Atomenergie-Organisation. In Teheran scheinen manche zu hoffen, dass Donald Trump sich vor allem in Szene setzen will. Zum Beispiel als derjenige, der im Nahen Osten den großen Deal hingekriegt hat.