Süddeutsche Zeitung

Iran:Ein Deal vor dem Deal?

Die USA und Iran dementieren Berichte, es gebe Einigkeit über einen Gefangenenaustausch. Niemand bestreitet aber, dass Verhandlungen stattfinden - zeitgleich zu den Wiener Atomverhandlungen.

Von Paul-Anton Krüger, München

Es war eine Sensationsmeldung, die das iranische Staatsfernsehen am Sonntag brachte: Die Islamische Republik und ihr Erzfeind USA hätten sich auf einen Gefangenenaustausch geeinigt, hieß es unter Berufung auf nicht genannte Regierungsvertreter. Washington werde zudem sieben Milliarden Dollar freigeben, die auf Konten in Südkorea eingefroren sind. Auch die Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe solle freikommen, wenn London alte Schulden beglichen habe.

Doch das Dementi aus Washington ließ nicht lange auf sich warten. "Berichte, dass ein Deal über einen Gefangenenaustausch erreicht wurde, sind nicht wahr", sagte Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums. Auch die britische Regierung und iranische Stellen wiesen die Meldungen zurück, so am Montag der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Said Khatibzadeh.

Was aber keine Seite in Abrede stellt: Dass es zumindest Verhandlungen gibt. Die Nachrichtenagentur Associated Press zitiert eine Person mit Kenntnis der Vorgänge: Es seien Gespräche in Gang, es würden Botschaften über Vermittler ausgetauscht. Erst vergangene Woche hatte Irans Regierungssprecher Ali Rabiei bekräftigt, sein Land strebe einen Austausch an. Die Justiz, de facto unter Kontrolle des Obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei, habe Bereitschaft signalisiert.

Iran hatte sogar zu Zeiten von Donald Trump Gefangene mit den USA ausgetauscht. Westliche Diplomaten werfen dem Regime Geiseldiplomatie vor: Doppelstaater würden von den Geheimdiensten, zumeist den Revolutionsgarden, unter fadenscheinigen Spionagevorwänden verhaftet und in intransparenten Verfahren verurteilt, um gegenüber dem Westen Verhandlungsmasse aufzubauen.

Große Aufmerksamkeit für die Meldung in Iran

Ein Gefangenen-Deal mit den USA würde einhergehen mit den Verhandlungen über die Rückkehr zum Atomabkommen von 2015, die derzeit in Wien geführt werden. Das befeuerte Spekulationen, die Meldung sei von Hardlinern lanciert worden, um wenige Wochen vor der Präsidentenwahl in Iran einen möglichen Deal zum Platzen zu bringen.

In Iran erhielt die Meldung große Aufmerksamkeit, weil sie direkt vor einer Rede Chameneis verbreitet wurde. Dieser ging darauf aber nicht ein, sondern rügte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif für dessen jüngst geleakte Kritik am Einfluss der Revolutionsgarden auf den außenpolitischen Kurs Irans.

In London hieß es unterdessen, die Regierung prüfe die Rückgabe von 400 Millionen Pfund, die der Schah einst für Panzer bezahlt hatte, die nach der Islamischen Revolution im Jahr 1979 jedoch nicht geliefert wurden. Die gefangene Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe war jüngst zu einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden.

Die USA fordern die Freilassung von Siamak Namazi, der auf einer Geschäftsreise verhaftet worden war, und dessen Vater Baquer, unter dem Schah Provinzgouverneur, sowie des Umweltaktivisten Morad Tahbaz und des Geschäftsmanns Emad Sharghi. Iran hat die Namen der Gefangenen nicht öffentlich gemacht, die in den USA etwa wegen Sanktionsbrüchen in Haft sitzen, aber mitgeteilt, es seien mehr als vier Personen, die ausgetauscht werden sollten.

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