Süddeutsche Zeitung

Iran und USA:Präsident im Schraubstock

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In Iran wird in Kürze gewählt - deshalb sind die Bemerkungen von Präsident Ahmadinedschad vor allem nach innen gerichtet. Das Land gerät durch Obamas Gesprächsangebote unter Druck.

Stefan Kornelius

Eine Sache gilt es im Kopf zu haben, wann auch immer jetzt über Iran diskutiert wird: In dem Land wird am 12. Juni gewählt, und obwohl es sich nicht gerade um eine lupenreine Demokratie handelt, ist der Wahltag ein Schicksalstag - auch für den amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad.

Wer schon den Stillstand des politischen Betriebes in Deutschland zu Wahlzeiten beklagt, der sollte im Fall Iran jetzt mit größter Nachsicht ans Werk gehen. Alles was derzeit gesagt und getan wird, trägt den Stimmzettel-Vorbehalt. Jede Botschaft ist vor allem nach innen gerichtet.

Wenn es also in den letzten Tagen eine Häufung von Nachrichten aus dem Mund des iranischen Präsidenten zu Barack Obamas Gesprächsofferten oder einem Nahost-Frieden gibt, dann müsste überall eine Fußnote angefügt werden: Vorsicht, es gilt nicht unbedingt das gesprochene Wort.

Ahmadinedschad steht nämlich unter doppeltem Druck. Erstens schnürt ihm Obama mit seiner Umarmungsstrategie die Luft ab. Nicht nur die US-Regierung hat ihr Feindbild aufgegeben, auch Iran geht ein geliebter Prügelknabe verloren. Und zweitens wächst vor dem Wahltag der Druck im Inneren, das Land bestmöglich aus seiner wachsenden Isolierung und damit aus der ökonomischen Not zu führen. Ist Ahmadinedschad für diese Rolle geeignet?

Aus allen Worten des Präsidenten ist zu hören, dass er keinen Ausweg aus der Schraubstock-Stellung weiß. Da lässt er seine Sympathie für eine Zwei-Staaten-Lösung in Israel und Palästina erkennen - eine Sensation -, um es kurz darauf dementieren zu lassen. Da lehnt er Gespräche mit den USA ab, um kurze Zeit später einen geordneten Dialog nach vereinbarten Kriterien gutzuheißen.

Richtig ist, dass sich der Kontakt zwischen Teheran und Washington nicht fernmündlich wiederherstellen lässt - etwa durch Reden, Videobotschaften oder Interviews. Wenn US-Präsident Barack Obama einen elektronischen Gruß zum persischen Neujahrsfest verschickt, hat das vor allem symbolischen Wert. Wenn der iranische Präsident in einem Interview Avancen macht, verlangt jedes Wort nach einer Interpretation.

Richtig bleibt eine Erkenntnis: Es ist Bewegung in das politische Theater Nahost geraten. Aber noch fehlt dieser Dynamik Richtung und Schlagzahl. Die Regierung Obama sondiert, sie redet viel und sagt wenig, und getestet wurde sie noch nicht. Auf der anderen Seite fühlt sich Iran herausgefordert.

Ahmadinedschad muss sich positionieren für das große Finale mit den USA - aber er kann und darf es eigentlich nicht, weil noch nicht einmal klar ist, ob er für dieses Finale überhaupt an den Start gelassen wird. So zeigt die amerikanische Strategie eine erste Wirkung: Iran, ein Land, das immer mit den USA auf Augenhöhe verkehren wollte, ist plötzlich überfordert und muss die Zeit bis zur Wahl überbrücken.

In dieser Phase könnte sich erweisen, dass Ahmadinedschad der falsche Mann für das neue Zeitalter ist.

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SZ vom 28.04.2009/gdo
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