Iran und USA:Eine Annäherung, die in weiter Ferne liegt

Irans Präsident Ahmadinedschad gratulierte Obama zum Sieg bei der US-Wahl - und muss sich in Teheran nun scharfe Kritik anhören.

Tomas Avenarius

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad griff sofort zur Feder. Vollmundig beglückwünschte der von Herzen her antiamerikanische Iraner Barack Obama zum Sieg bei den Präsidentschaftswahlen: Es müsse eine Ende haben mit "Krieg, Besatzung und Einschüchterung". Die Menschen im Nahen Osten erhoffen sich, dass der neue Mann im Weißen Haus "anstelle der ungerechten Politik der vergangenen 60 Jahre allen Völkern volle Rechte geben wird, besonders den Menschen in Palästina, Irak und Afghanistan".

Iran und USA: Für Ahmadinedschad erweisen sich die Glückwünsche für Obama als Schuss in den Fuß

Für Ahmadinedschad erweisen sich die Glückwünsche für Obama als Schuss in den Fuß

(Foto: Foto: AFP)

Was halbwegs sensationell klang - zum ersten Mal seit der Islamischen Revolution von 1979 hat ein iranischer Führer einem neuen US-Präsidenten gratuliert - erweist sich für den Populisten aus Teheran als Schuss in den Fuß. Obama reagierte staatsmännisch abweisend: Er wolle "nichts übers Knie brechen". Angesichts der Unüberlegtheit Ahmadinedschad setzte es auch in Iran politische Prügel. Gewarnt wurde vor Illusionen über die grundsätzliche Richtung jeder US-Politik im Nahen Osten.

Hoffnungen auf rasche Aussöhnung der seit fast 30 Jahren verfeindeten Nationen USA und Iran sind also gering. Und das, obwohl Obama sich im Wahlkampf für "Verhandlungen ohne Vorbedingungen" mit Iran ausgesprochen hatte.

Aber Wahlkampf und reale Politik sind verschiedene Disziplinen. Obama sagt nun: Was die Atompolitik angehe, sei ein atomar bewaffneter Iran "inakzeptabel". Auch Teherans Unterstützung von Terrorgruppen müsse enden. So machte der zukünftige Präsident der USA dem amtierenden Briefschreiber in Teheran klar, dass ein Politikwechsel in weiter Ferne liegt.

"Strategisch, nicht kosmetisch"

Das sieht auch Ahmadinedschads mächtiger Gegenspieler so, der iranische Parlamentssprecher Ali Laridschani. Er watschte den politisch angeschlagenen Präsidenten ab, indem er aus einer iranischen Perspektive heraus analysierte: Obamas erste Äußerungen zum Thema Iran deuteten "die Fortsetzung der falschen Politik der Vergangenheit" an. "Der Politikwechsel muss strategisch sein, nicht kosmetisch", sagte Laridschani.

Die konservative Zeitung Jumhouri Islami assistierte. Ahmadinedschads Vorstoß sei vermessen: Über den Umgang mit den USA - die der iranische Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini seinerzeit den "großen Satan" nannte - bestimme allein der amtierende Revolutionsführer. Ayatollah Ali Khamenei aber hatte kürzlich gesagt, eine Annäherung an die USA stehe nicht an.

Erste Gespräche würden hinter den Kulissen stattfinden

Der scharfe Ton im Umgang mit dem Staatschef dient zum einen innenpolitischen Zielen: In Iran wird im Frühjahr ein neuer Präsident gewählt. Der neokonservative Ahmadinedschad will wieder antreten; Teile des konservativen Lagers um Laridschani. wollen seine zweite Amtszeit verhindern.

Doch das eigentliche Thema nach dem Wahlsieg Obamas ist in Iran die Möglichkeit eines amerikanischen Politikwechsels gegenüber der Islamischen Republik. Dies würde der gründlichen Vorbereitung bedürfen, erste Gespräche würden hinter den Kulissen stattfinden. Vor allem wissen die Iraner, dass sie erhebliche Zugeständnisse machen müssten: In grundlegenden Fragen wird auch ein Präsident Obama nicht nachgeben.

Das angeblich zivile iranische Atomprogramm aber ist verdächtig und zweideutig, die Unterstützung der libanesischen Hisbollah und der palästinensischen Gruppen Hamas und Islamischer Dschihad unbestreitbar. Das iranische Staatsradio zeichnete die alten, polemischen Konfrontationslinien nach: "Obama wird seine Wähler betrügen, wenn er nicht endlich die Vernunft ins Weiße Haus zurückbringt", hieß es.

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