Iran und das Atomprogramm:Sanktion auf Kosten der Opposition

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Wer Irans Atomprogramm bestraft, stärkt das Regime im Machtkampf mit der Opposition. Trotzdem sind harte Sanktionen notwendig.

Tomas Avenarius

Präsident Mahmud Ahmadinedschad zeigte sich in Hochform. Vor Hunderttausenden Jubelpersern, vom Regime aus dem ganzen Land nach Teheran gebracht, proklamierte er Iran am 31. Jahrestag der Revolution zum "Atomstaat". Gleichzeitig wurden Oppositionelle von den Prügeltruppen des Präsidenten zusammengeschlagen, was das Staatsfernsehen ausblendete.

Mahmud Ahmadinedschad proklamierte den "Atomstaat" - Oppositionelle wurden unterdessen niedergeschlagen. (Foto: Foto: dpa)

Internationale Medien waren von der Berichterstattung über die Proteste der Opposition allemal ausgeschlossen, Internet und Mobiltelefone vorsorglich lahm gelegt worden. Ein paar wackligen Bilder von den Zusammenstößen fanden zwar ihren Weg in die Welt. Der Revolutionstag - so viel zeichnet sich aber ab - war kein Erfolg für die Opposition.

Die Gegner des Regimes hätten den Machtkampf am Revolutionstag allemal kaum für sich entscheiden können. Die Auseinandersetzung ist zäh und wird sich noch sehr lange hinziehen. Proteste werden weiter unterdrückt, die Führer der Bewegung bleiben eingesperrt.

Aber die Opposition hat einen Vorteil: Sie ist zu dezentral organisiert, als dass sie zielgerichtet zerschlagen werden könnte. Langfristig wird der Unmut der Menschen die Legitimität des fragwürdigen Gottesstaates untergraben - aller brutaler Gegenwehr des Regimes zum Trotz. Der Khomeini-Staat zerfällt von innen.

Für die internationale Gemeinschaft zählt aber nicht allein der inner-iranische Machtkampf. Ihr geht es vor allem um das Atomprogramm. Da steht allen härteren Sanktionen eine seltsame Logik im Weg: So lange das Regime die Opposition unter brutaler Kontrolle hält, wird es sich gestärkt fühlen und dem Druck von außen widerstehen.

Wird die Opposition aber stärker, dann muss die Sanktionsgemeinschaft behutsam mit ihrem Strafkatalog umgehen, damit den Demonstranten nicht die Unterstützung der Massen wegbricht. Denn sobald die Mehrheit der Bevölkerung unter Sanktionen leidet, werden sich die meisten Iraner wieder unter der von Ahmadinedschad aufgepflanzten Nationalflagge versammeln und gegen die Bedrohung von außen zusammen tun. Dann gibt es bald keine Opposition mehr, sondern nur noch Iraner.

Nationaler Widerstand gegen internationalen Druck

So werden die Proteste gegen das Regime zum Problem im Nuklearkonflikt. Aus gutem Grund hat Ahmadinedschad Irans Aufstieg zum "Atomstaat" am Revolutionstag ausgerufen. Er weiß, dass der nationale Widerstand gegen den internationalen Druck die einzige wirkliche Erfolgsgeschichte der Islamischen Republik ist.

Das Atomprogramm dient dem nationalen Konsens. Der Präsident rechnet damit, dass die Führung der Opposition Kritik am Atomprogramm scheut; sie hat es vor Jahren selbst mit ins Leben gerufen. Und sie weiß, dass auch die kritischen Iraner noch immer hinter der Atompolitik von Ahmadinedschad stehen.

Für die internationale Gemeinschaft ist es seit Beginn der Unruhen im Juni 2009 noch schwieriger geworden, auf die Verhältnisse in Iran einzuwirken. Selbst wenn Washington Sanktionen im UN-Sicherheitsrat durchsetzen kann: Wie sollen sie aussehen?

Vorgeschlagen werden Strafmaßnahmen, die nur den Wirtschaftsapparat der Revolutionsgarden treffen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass der Plan aufgeht. Die Revolutionswächter haben über viele Jahre ein raffiniert getarntes Firmengeflecht aufgebaut. Die Sanktionen werden da eine geringe Wirkung entfalten.

Es besteht also kaum Hoffnung, dass der inneriranische Machtkampf das Atomproblem lösen kann. Ein Regimewechsel steht in absehbarer Zeit nicht an. Die iranische Atombombe hingegen könnte in ein, zwei oder drei Jahren gebaut werden - wenn sich die Führung des Landes dazu entscheidet. Wer vermeiden will, dass der "Atomstaat" Iran zum Atomwaffenstaat wird, muss also sehr harte Sanktionen aussprechen - auch auf Kosten der Opposition.

© SZ vom 12.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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