Süddeutsche Zeitung

Trump und Iran:Zwei Hasardeure verschärfen die Kriegsgefahr am Golf

Die Iran-Politik des US-Präsidenten führt immer schneller in die Krise. Und auch in Teheran agieren Leute, bei denen mit dem Schlimmsten gerechnet werden muss.

Kommentar von Daniel Brössler, Berlin

An dem Tag, an dem der vielleicht entscheidende Funke flog, war Donald Trump mit der Verteidigung seiner selbst beschäftigt. Er stand in der Kritik, weil er freimütig Interesse an Informationen ausländischer Mächte über politische Gegner offenbart hatte. In einer etwas wirren Wortmeldung auf Twitter informierte er die Welt darüber, wie vielen Staats- und Regierungschefs er gerade wieder begegnet sei, als mache das die Sache besser. Als einen seiner Gesprächspartner zählte er dabei den Prince of "Whales" auf. Die Welt lachte.

Dabei ist es an der Zeit, sich zu fürchten. Nicht, weil die Vereinigten Staaten von einem Mann geführt werden, der noch so oft mit dem Prince of Wales dinieren kann, ohne zu wissen, wie dieser Landesteil des Vereinigten Königreichs geschrieben wird. Wohl aber, weil die deprimierende Bildungsferne, die maßlose Arroganz, die lächerliche Selbstverliebtheit und vor allem auch die aufreizende Verachtung für Fakten und Details des mächtigsten Mannes der Erde diese Erde zu einem noch gefährlicheren Ort machen, als sie es ohnehin schon ist.

Die Zuspitzung nach den Angriffen auf zwei Tanker im Golf von Oman führt das exemplarisch vor Augen. Sie ist ein Paradebeispiel für die typischen Stationen auf dem Weg in einen Krieg aus Versehen. Was Trump anbetrifft, so sind sich Freund wie Feind einig, dass er an einem militärischen Konflikt kein Interesse hat. Sein Wunsch ist die Wiederwahl und kein Krieg, der zahlreiche amerikanische Soldaten das Leben kosten und Unsummen an Dollar verschlingen würde. Das wissen auch die Iraner, und es spricht viel dafür, dass das ihre Risikobereitschaft beängstigend erhöht hat.

Das von den USA vorgelegte Video mag kein Beweis sein. Doch wie schon nach ähnlichen Vorfällen vor einigen Wochen stehen die USA keineswegs allein, wenn sie Iran hinter den jüngsten Angriffen und Sabotageakten vermuten. Die iranische Führung, von Trump durch machtvolle Sanktionen in die Ecke gedrängt, spricht von Wirtschaftskrieg und macht ein Verteidigungsrecht für sich geltend. Verdächtig ist zudem die Teheraner Mischung aus Unschuldsbeteuerungen und wüsten Drohungen. Iran kann kaum noch Öl exportieren und hält Erpressung offenbar für ein probates Mittel der Gegenwehr. Die Drohung, die wichtigste Ölroute der Welt zu blockieren, ist letztlich die Drohung mit einer Weltwirtschaftskrise. Dies wäre ein wahnsinniges Spiel mit dem Feuer.

So sieht die Lage aus, ein Jahr, nachdem Trump planlos aus dem Atomabkommen mit Iran ausgestiegen ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Iran die Waffenfähigkeit seines Atomprogramms wieder vorantreibt, ist ebenso gestiegen wie die Kriegsgefahr in der Region. Nun kommt es auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Er müsste jetzt besonnen handeln, die Folgen jedes Schrittes kühl kalkulieren. Das Problem ist: Dieser Präsident heißt Donald Trump.

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