Süddeutsche Zeitung

Iran:Streit um Raketentests

Teherans neueste militärische Manöver provozieren nicht nur westliche Staaten, sie zeigen auch die innenpolitischen Gräben im Land auf. In Genf nennt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Tests "alarmierend".

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Irans Oberster Führer Ali Chamenei hat in einer Rede am Mittwoch gefordert, die Verteidigung der Islamischen Republik zu stärken. Er reagierte damit auf Forderungen westlicher Staaten, dass der UN-Sicherheitsrat sich mit den jüngsten Raketentests seines Landes befassen solle, und stärkte im innenpolitischen Machtkampf die ihm unterstellten Revolutionsgarden gegenüber der Regierung von Präsident Hassan Rohani. Wer sage, dass die Zukunft der Welt den Verhandlungen gehöre und nicht den Raketen, sei ignorant, wenn er dies aus Unwissen sage. Wer es wissentlich behaupte, sei ein Verräter.

Auch wenn Chamenei niemanden direkt ansprach, war für Iraner klar, wer mit den Äußerungen gemeint war: Vergangene Woche hatte Ex-Präsident Ali Akbar Rafsandschani gesagt, die Zukunft Irans liege in Verhandlungen, nicht in Raketen. Rafsandschani gilt als zentrale Figur des moderaten Lagers innerhalb des Regimes und als Architekt von Rohanis Erfolg bei der Präsidentenwahl 2013 und vom Erfolg von Rohanis Liste bei den jüngsten Parlamentswahlen. Ihm werden Ambitionen nachgesagt, Chamenei nach dessen Tod zu beerben oder das Amt des Obersten Führers dauerhaft durch einen Rat zu ersetzen.

Die Revolutionsgarden hatten Anfang März während eines Großmanövers verschiedene ballistische Raketen getestet. Zwei davon trugen laut Staatsmedien die Aufschrift: "Israel muss vom Angesicht der Erde verschwinden!" Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland forderten nun in einem gemeinsamen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, den Sicherheitsrat mit den Tests zu befassen und "angemessene Maßnahmen" zu ergreifen. Sie verurteilten die Tests als "provozierend und destabilisierend".

Die UN-Resolution 2231 vom Juli 2015, die im Wesentlichen das Atomabkommen zwischen Iran und den fünf ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat sowie Deutschland zum Inhalt hat, ruft Iran auf, keine "Aktivitäten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen zu unternehmen, die dafür ausgelegt oder in der Lage sind, nukleare Sprengköpfe zu tragen", einschließlich des Abschusses solcher Raketen.

Ban sagte am Mittwoch in Genf, die Tests seien "alarmierend", es liege aber in den Händen des Sicherheitsrates zu entscheiden, ob neue Sanktionen angemessen seien. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Russland und China, die ebenfalls an den Verhandlungen über das Atomabkommen beteiligt waren, neue Strafen gegen Iran mittragen würden. Russland sehe in der Resolution kein ausdrückliches Verbot solcher Raketentests, sagte der im Außenministerium in Moskau zuständige Direktor für Rüstungskontrolle, Michail Uljanow, der Nachrichtenagentur Interfax.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2927323
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.03.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.