Iran:Revolutionsgarden stoppen britischen Öltanker im Persischen Golf

Der britische Tanker Stena Impero

Die iranischen Revolutionsgarden haben die Stena Impero aufgebracht. (Archivbild vom 5. Mai 2019)

(Foto: AP)
  • Iranische Revolutionsgarden haben den britischen Öltanker Stena Impero beschlagnahmt.
  • Das Schiff fuhr durch internationale Gewässer und änderte dann plötzlich seinen Kurs. An Bord befinden sich nach Unternehmensangaben 23 Crew-Mitglieder.
  • Berichte, dass die Revolutionsgarden ein zweites Schiff in ihre Gewalt gebracht hätten, wiesen diese zurück. Das Schiff sei lediglich angehalten worden, "Umweltbestimmungen und maritime Vorschriften" einzuhalten.

Von Paul-Anton Krüger

Im Persischen Golf hat sich am Freitagabend ein neuer, schwerwiegender Zwischenfall ereignet. Die iranischen Revolutionsgarden haben den unter britischer Flagge fahrenden Tanker Stena Impero aufgebracht. Laut der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Fars, die den Garden nahesteht, soll das Schiff "internationale maritime Regeln" verletzt haben, es sei deswegen beschlagnahmt worden. Das Regime in Teheran eskaliert damit die Auseinandersetzung mit dem Westen weiter.

Ursprünglich hatte sich der Konflikt um die Zukunft des Atomabkommens entsponnen. Nachdem die USA im Mai 2018 aus dem Atomabkommen ausgestiegen sind, setzt Iran zentrale Vorschriften nicht mehr um und begründet dies mit den Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump gegen das Land verhängt hat. Die Europäer wollen an der Vereinbarung festhalten. Verschärft hatte sich der Streit nochmals, nachdem Großbritannien den von Iran genutzten und offenbar mit Rohöl beladenen Supertanker Grace 1 vor Gibraltar gestoppt hatte, weil der Verdacht besteht, dass er EU-Sanktionen gegen Syrien unterlaufen sollte. Der Hinweis war von den USA gekommen. Iran verlangt von den Europäern, bei Ölexporten zu helfen. Die Revolutionsgarden hatten daraufhin gedroht, als Vergeltungsmaßnahme einen britischen Tanker aufzubringen.

Die britische Regierung teilte am Abend mit, sie versuche dringend, Informationen über die Lage des Schiffes zu erhalten, und untersuche einen möglichen Zwischenfall im Golf. In London kamen Regierungsvertreter zu einer Krisensitzung zusammen. Der Nachrichtensender CNN zitierte zwei US-Militärquellen, der Tanker sei von Iran aufgebracht worden. Transponderdaten des Schiffes zeigen, wie es in internationalen Gewässern durch die Straße von Hormus fuhr, um den saudischen Hafen al-Jubail anzusteuern. Dann änderte es abrupt den Kurs und steuerte auf die Küste der Vereinigten Arabischen Emirate zu - offenbar ein Versuch, den Angreifern zu entkommen. Wenig später drehte es ab und fuhr auf die iranische Insel Qeschm zu, wo die Revolutionsgarden einen Stützpunkt unterhalten.

Berichte über ein zweites Schiff in der Gewalt der Revolutionsgardisten weisen diese zurück

Das erst 2018 gebaute 183 Meter lange Schiff gehört einer in Zypern registrierten Tochtergesellschaft der schwedischen Reederei Stena Bulk. Das Unternehmen bestätigte den Zwischenfall und teilte mit, dass sich mehrere unbekannte kleinere Boote und ein Hubschrauber der Stena Impero genähert hatten, als sich das Schiff in internationalen Gewässern befunden habe. Das Unternehmen habe derzeit keinen Kontakt zur Besatzung des Schiffes. An Bord befinden sich nach Unternehmensangaben 23 Seeleute. Es gebe keine Nachrichten über Verletzte. Man stehe in engem Kontakt zu den britischen Behörden.

Berichte, dass die Revolutionsgarden ein zweites Schiff in ihre Gewalt gebracht hätten, wiesen diese zurück. Der unter liberianischer Flagge fahrenden 330 Meter lange Supertanker Mesdar, der Eigentum der britischen Reederei New Ocean Shipping Venture Ltd. in Glasgow ist, sei lediglich angehalten worden, "Umweltbestimmungen und maritime Vorschriften" einzuhalten. Transponderdaten zeigten, dass das Schiff seinen Kurs erneut änderte und nicht mehr auf die iranische Küste zusteuert. Zuvor hatte die britische Regierung mitgeteilt, die Revolutionsgarden hätten auch dieses Schiff übernommen; es war den Transponderdaten nach ebenfalls abrupt auf die Küste der Islamischen Republik zugefahren.

Zuletzt hatte es nach einer Entspannung ausgesehen. Iran hatte die sofortige Freigabe der von Großbritannien festgehaltenen Grace 1 gefordert. Der britische Außenminister Jeremy Hunt hatte angeboten, das Schiff fahren zu lassen, wenn Iran Garantien gebe, dass es nicht Syrien anlaufe. Zwar gibt es kein allgemeines Ölembargo der EU gegen Syrien, der mutmaßliche Empfänger, eine Raffinerie in Banyas, ist aber vom EU-Embargo umfasst. Iran hat den Arrest des Schiffes als "Akt der Piraterie" verurteilt. Der Chef der Regierung von Gibraltar, Fabian Picardo, sagte am Freitag, er habe sich privat mit Irans Außenminister Mohammed Jawad Sarif getroffen. Das Gespräch am Mittwoch in London sei "konstruktiv und positiv" verlaufen. Gibraltar verlängerte am Freitag dennoch den Arrest der Grace 1 bis 30. August.

Das Vorgehen der Revolutionsgarden gegen die Stena Impero war nur der jüngste in einer Serie von Zwischenfällen im Golf. Erst am Freitagmorgen hatte Iran den Abschuss einer Drohne durch die USA dementiert. "Alle Drohnen im Persischen Golf und in der Straße von Hormus sind nach ihren Überwachungs- und Kontrollmissionen sicher zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt", sagte der Militärsprecher, Brigadegeneral Abolfazl Shekarchi. Es gebe auch keine Berichte über eine "operative Reaktion" der USS Boxer. Am Abend zuvor hatte US-Präsident Donald Trump gesagt, eine iranische Drohne habe sich dem Kriegsschiff in der Straße von Hormus auf weniger als einen Kilometer genähert und sei nach mehreren ergebnislosen Warnungen zerstört worden.

Das Pentagon bestätigte den Vorfall, der sich am Donnerstagvormittag ereignet habe. Laut US-Militärquellen habe es sich um eine relativ kleine Drohne gehandelt, die mit elektronischen Gegenmaßnahmen unschädlich gemacht worden sei. Unklar sei, ob das unbemannte Fluggerät bewaffnet war. Die USS Boxer habe sich in internationalen Gewässern befunden.

Am Freitagabend veröffentlichte das iranische Staatsfernsehen ein Video, das die USS Boxer von oben zeigen soll - aufgenommen offenbar von jener Drohne, die laut Trump abgeschossen wurde. Der Sender verwies auf den Zeitstempel, der belegen soll, dass die Bilder nach dem angeblichen Abschuss entstanden sind.

Ungewöhnlich an der Episode ist vor allem, dass der US-Präsident zu Beginn einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Premier Mark Rutte darauf einging und von der "jüngsten in einer Serie von provokativen und feindlichen Handlungen gegen Schiffe in internationalen Gewässern" sprach. Die USA wollen eine internationale Marine-Operation im Persischen Golf, der Straße von Hormus und der Meerenge Bab el-Mandab am Eingang zum Roten Meer etablieren, die Handelsschiffen Geleitschutz gewähren soll.

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