Süddeutsche Zeitung

Proteste:Iran warnt Scholz vor "langfristigen Schäden"

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Teheran kritisiert Bundeskanzler Olaf Scholz scharf wegen dessen Äußerungen zum gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten im Iran. Diese seien "provokativ, einmischend und undiplomatisch".

Teheran hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wegen dessen Äußerungen zum gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten im Iran kritisiert. "Die Bemerkungen des deutschen Kanzlers waren provokativ, einmischend und undiplomatisch", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Eine historische Beziehung zu sabotieren, könnte nach Kanaanis Worten "langfristige Schäden" anrichten, Berlin sollte gegenüber dem Iran verantwortungsbewusster vorgehen. "Wir empfehlen der Bundesregierung, zurück zur Besonnenheit zu finden, um weitere Verwirrungen in den bilateralen Beziehungen zu vermeiden", sagte der Sprecher laut der Webseite des iranischen Außenministeriums.

Scholz hatte die iranische Führung angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen im Land scharf kritisiert. "Was sind Sie für eine Regierung, die auf die eigenen Bürgerinnen und Bürger schießt? Wer so handelt, muss mit unserem Widerstand rechnen", sagte er in seinem am Samstag veröffentlichten Videopodcast. Er antwortete damit auf zuvor geäußerte iranische Drohungen. Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian hatte Konsequenzen für die deutsche Haltung bei dem Thema angedroht.

Seit Wochen protestieren Menschen im Iran gegen die Regierung und das islamische Herrschaftssystem. Auslöser war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini in Polizeigewahrsam. Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen die Demonstranten vor, es kommt immer wieder zu Festnahmen und Todesurteilen.

Scholz sagte in seiner Videoansprache: Man sehe, was sich auf den Straßen, in den Hörsälen und in den Gerichtssälen abspiele. "Wir sehen den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit. Und: Wir sehen, dass iranische Drohnen ukrainische Städte angreifen und wie sie töten. All das ist vollkommen inakzeptabel." Er bekräftigte, dass es weitere Sanktionen der EU gegen den Iran geben solle. Darauf hatten sich die EU-Staaten am Freitag verständigt. Worte allein reichten nicht, "angesichts der Brutalität und Menschenverachtung". Der Druck auf die Revolutionsgarden und die politische Führung müsse weiter erhöht werden.

Grüne wollen die iranischen Revolutionsgarden auf Terrorliste setzen

Der Grünen-Chef Omid Nouripour hat die EU aufgefordert, die iranischen Revolutionsgarden auf ihre Liste terroristischer Organisationen zu setzen. "Wenn ich die Demonstrantinnen im Iran frage, wie wir helfen können, sagen die: Die Leute, die unsere Kinder umbringen, sollten ihre Kinder nicht zum Partymachen nach Europa schicken dürfen", sagte Nouripour der Bild am Sonntag. "Dafür müssen die Konten, über die das Partymachen finanziert wird, eingefroren werden. Die EU sollte die Revolutionsgarden, die Hauptträger der Unterdrückung, auf ihre Terrorliste setzen."

Die Revolutionsgarden sind im Iran die Eliteeinheit der Streitkräfte und wichtiger als die klassische Armee. Sie unterstehen direkt dem obersten Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat.

Die USA haben die Revolutionsgarden bereits 2019 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump als Terrororganisation eingestuft. Auf einer entsprechenden EU-Liste stehen sie dagegen nicht. Eine solche Einstufung würde es ermöglichen, in der EU vorhandene Vermögenswerte der Organisation einzufrieren.

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