Nach Wahl in Iran:Tausende Exil-Iraner demonstrieren in Berlin

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(Foto: Getty Images/Getty Images)

Die Menschen gehen gegen die Machthaber in Iran auf die Straße. Mit Hunderten Bussen sollen sie aus ganz Deutschland in die Hauptstadt gereist sein.

Einen Tag nach der ersten Runde der Präsidentenwahl in Iran haben zahlreiche Exil-Iraner am Samstag in Berlin gegen das Regime in Teheran protestiert. An einer Kundgebung auf dem Bebel-Platz hätten 6000 Menschen teilgenommen, sagte eine Polizeisprecherin. Zum Protest aufgerufen hatte der sogenannte Nationale Widerstandsrat Iran, der selbst von mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern sprach. Diese seien unter anderem allein aus Deutschland mit 700 Bussen angereist, sagte Javad Dabiran von der Exil-Gruppe.

Der Protest richtet sich dem Widerstandsrat zufolge gegen das klerikale Regime in dem Land. Zahlreiche Menschen schwenkten die vorrevolutionäre iranische Staatsflagge mit goldenem Löwen in der Mitte. Die Demonstranten riefen Deutschland und die Europäische Union zu einem härteren Kurs gegenüber der Regierung des Landes auf. Sie forderten unter anderem weitere Sanktionen gegen das iranische Regime. Zudem müssten die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste gesetzt werden, hieß es.

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An der Kundgebung nahmen nach Angaben des Nationalen Widerstandsrats auch die ehemaligen Bundesminister für Wirtschaft und für Verteidigung, Peter Altmaier und Franz Josef Jung (beide CDU), teil. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) schickte ein Grußwort, in dem sie an Iranerinnen und Iraner erinnerte, die für ihren Kampf für die Menschenrechte verfolgt werden.

Geringe Wahlbeteiligung in Iran

In Iran waren am Freitag etwa 61 Millionen Menschen aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Doch viele blieben der Wahl fern. Wie ein Sprecher der Wahlbehörde mitteilte, hätten nur etwa 40 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt. Am kommenden Freitag wird es eine Stichwahl geben zwischen Massud Peseschkian und Said Dschalili. Der frühere Gesundheitsminister Peseschkian, einziger Reformer unter den Kandidaten, kam laut Auszählungsstand am Samstagmittag auf etwa 42,5 Prozent der Stimmen. Dschalili, ein ultrakonservativer Hardliner, sicherte sich 38,7 Prozent.

Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.

Der Nationale Widerstandsrat Iran entstand 1981 aus den sogenannten Volksmudschaheddin. Die Exil-Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, das Herrschaftssystem in Iran zu stürzen. Die Organisation ist jedoch umstritten und wird innerhalb und außerhalb Irans auch von Oppositionellen größtenteils abgelehnt. In Iran ist die Gruppe verboten.

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