Iran:Neue Proteste gegen Ahmadinedschad

Auf Teherans Straßen demonstrieren wieder Tausende gegen Ahmadinedschad. Der religiöse Führer verwehrte dem Präsidenten bei dessen Vereidigung den Handkuss.

Tausende Iraner haben laut Augenzeugen am Montag in Teheran erneut gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad protestiert. Nur wenige Stunden zuvor war die Wiederwahl Ahmadinedschads offiziell bestätigt worden. Die Demonstranten versammelten sich am Rande des Zentrums der Hauptstadt.

Ahmadinedschad, Chamenei, dpa

Der Handkuss gilt im Iran als eine der höchsten Bekundungen von Respekt - und die will Irans geistlicher Führer nicht vom gerade vereidigten Präsidenten erhalten.

(Foto: Foto: dpa)

Sicherheitskräfte versuchten die Protestierenden auseinanderzutreiben. Die Nachrichtenagentur Fars sprach von nur 100 "illegalen Demonstranten". Unter ihnen sei auch einer der unterlegenen Kandidaten, Mehdi Karrubi. Dieser habe eine kritische Rede gehalten, hieß es weiter.

Nach Angaben oppositioneller Webseiten skandierten Demonstranten "Tod dem Diktator" und "Schäme Dich, Diktator". In einem Hinweis auf das am Samstag eröffnete Gerichtsverfahren gegen Oppositionelle riefen sie demnach auch "Folter funktioniert nicht mehr." Berichte über Festnahmen konnten nicht bestätigt werden.

Zuvor hatte der oberste Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, den umstrittenen Wahlsieg Ahmadinedschads vom 12. Juni bestätigt. In der feierlichen Zeremonie bekam Ahmadinedschad aber auch einen Dämpfer: Der Präsident versuchte, Chamenei die Hand zu küssen, der wich jedoch einen Schritt nach hinten. Einen Kuss des alten und neuen Staatschefs auf seine Schulter ließ Chamenei hingegen zu, berichtete die Nachrichtenagentur Irna.

Der Handkuss gilt im Iran als eine der höchsten Bekundungen von Respekt. Vor vier Jahren hatte Ahmadinedschad Chamenei nach seinem Wahlsieg die linke Hand geküsst, das Foto wurde auf den Titelseiten mehrerer Zeitungen gedruckt.

Wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete, soll Ahmadinedschad an diesem Mittwoch vereidigt werden. Er muss dann laut Verfassung binnen zwei Wochen sein neues Kabinett vorstellen.

Nach Informationen der Financial Times Deutschland will die EU offizielle Vertreter zu der Vereidigung schicken. Sowohl die schwedische EU-Ratspräsidentschaft als auch einzelne EU-Staaten entsenden nach Informationen der Zeitung hohe Diplomaten zur Amtseinführung des Präsidenten. Der schwedische Botschafter in Teheran wird demnach als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft kommen.

Merkel verzichtet auf Glückwünsche

Der Vorsitzende des Expertenrates und Ex-Präsident, Akbar Haschemi Rafsandschani, hatte - zusammen mit prominenten Oppositionellen wie dem anderen unterlegenen Kandidaten Mir Hussein Mussawi sowie Ex-Präsident Mohammed Chatami - die Bestätigungszeremonie boykottiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will auf das übliche Glückwunschschreiben an Ahmadinedschad verzichten. "Angesichts der Begleitumstände der umstrittenen Wiederwahl kann sich die Bundeskanzlerin nicht vorstellen zu gratulieren", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Klaus Vater in Berlin. Zugleich forderte er die iranische Führung erneut zur Freilassung aller politischen Gefangenen auf.

Ahmadinedschad selbst gab sich am Montag versöhnlich. Er sei der Präsident aller 70 Millionen Iraner, sagte er, und der "Diener aller, die mich gewählt haben oder auch nicht." Chamenei würdigte Ahmadinedschad als "hart arbeitenden, intelligenten und couragierten Mann".

Unterdessen wurde bekannt, dass die USA im Atomstreit mit Iran eine deutliche Verschärfung ihrer Sanktionen erwägen. Das verlautete aus israelischen Regierungskreise Die beiden Regierungen führten derzeit Gespräche über mögliche Einschnitte bei iranischen Importen von Benzin und anderen raffinierten Öl-Produkten, sagte ein israelischer Regierungsvertreter. Der Schritt werde möglicherweise angedroht, wenn die Islamische Republik in dem Konflikt weiterhin nicht zu Verhandlungen bereit sei.

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