Raketenangriff auf US-Militärbasen:Von der Leyen fordert Ende der Gewalt in Nahost

EU Commission President von der Leyen holds a news conference in Brussels

"Der Gebrauch von Waffen muss jetzt aufhören, um Raum für Dialog zu schaffen", sagt Ursula von der Leyen.

(Foto: REUTERS)
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert ein Ende der Gewalt im Nahen Osten.
  • Die EU solle ihre Beziehungen nutzen, um zur Deeskalation beizutragen.
  • Der türkische Außenminister will in den Irak reisen und sich um Deeskalation bemühen.
  • Israel hingegen findet, US-Präsident Trump müsse wegen seines Vorgehens gegen Soleimani beglückwünscht werden.

Nach dem iranischen Vergeltungsangriff auf US-Soldaten im Irak hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. "Der Gebrauch von Waffen muss jetzt aufhören, um Raum für Dialog zu schaffen", sagte sie nach einer Sondersitzung der EU-Kommission zur Irankrise. Alle seien dazu aufgerufen, Gespräche wieder aufleben zu lassen. "Und davon kann es nicht genug geben."

Iran hatte in der Nacht US-Stützpunkte im Irak mit mehr als einem Dutzend Raketen angegriffen. Das irakische Militär spricht von 22 Raketen, die auf irakisches Gebiet abgeschossen worden seien: 17 auf den Luftwaffenstützpunkt Al-Assad und fünf auf den Stützpunkt in Erbil in der Kurdenregion im Nordirak. Irans geistliches Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei nannte den Angriff einen "Schlag ins Gesicht" für die USA. Die US-Truppen müssten die Region verlassen, forderte er.

Die Vergeltungsschläge schüren die Furcht vor einer weiteren Eskalation der Nahost-Krise. Zu einer Deeskalation aber könne die EU könne auf ihre ganz eigene Weise beitragen, sagt von der Leyen. Man habe bewährte Beziehungen zu vielen Akteuren in der Region und darüber hinaus. "Die aktuelle Krise betrifft nicht nur die Region, sondern uns alle." Das Kollegium der EU-Kommissare habe analysiert, welche Konsequenzen sich aus den aktuellen Spannungen für die EU ergäben - etwa in den Bereichen Verkehr, Energie und Migration, aber auch bei Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung und Stabilisierung der Region, an der die EU beteiligt sei. Zudem machte von der Leyen deutlich, dass die EU an dem stark gefährdeten Atomabkommen mit Iran von 2015 festhalten will.

Die Lage am Persischen Golf ist extrem angespannt, seit die USA den iranischen Top-General Qassim Soleimani vergangene Woche bei einem Drohnenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad gezielt töteten. US-Präsident Donald Trump drohte den Iranern danach mit drastischen Konsequenzen im Falle eines Gegenangriffs.

Iraks Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi wurde nach Angaben seines Sprechers zeitnah von Iran über die Raketenangriffe auf US-Truppen informiert. Mahdi habe kurz nach Mitternacht eine mündliche Botschaft aus Iran erhalten, wonach die angedrohte Vergeltungsaktion für die Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani entweder unmittelbar bevorstehe oder bereits begonnen habe, teilte der Sprecher am Mittwoch mit. Die genauen Zielorte seien nicht genannt worden. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer deutete an, dass eine Warnung an die Bundeswehr von den USA kam. "Wir waren heute Nacht in ganz enger Abstimmung mit der amerikanischen Seite", sagt die CDU-Politikerin in Berlin.

Der irakische Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi warnt vor einer gefährlichen Krise, die zu einem "zerstörerischen umfassenden Krieg" im Irak, in der Region und in der Welt führen könne. Über Opfer unter den irakischen Soldaten oder denen der US-geführten Koalition in den angegriffenen Stützpunkten habe Mahdi keine Berichte erhalten, erklärt ein Sprecher des Regierungschefs.

Aus vielen Staaten kommen nun Aufrufe zur Deeskalation und weitere Reaktionen:

  • Der Sprecher der Bundesregierung Steffen Seibert hat den iranischen Raketenangriff "aufs Schärfste" verurteilt. Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel kritisierte auch, dass Iran Israel erneut gedroht hat. Nötig sei nun, dass sich alle Seiten um Deeskalation bemühten, sagte Seibert. Ähnlich äußerte sich Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer. Das Auswärtige Amt hat seine Reisehinweise für den Irak nach den iranischen Raketenangriffen aktualisiert.
  • Oman sieht derzeit keine Möglichkeit für eine Vermittlung zwischen den USA und dem Iran. Das sagte Außenminister Jussuf bin Alawi bin Abdullah der kuwaitischen Zeitung Al Rai zufolge am Rande einer Veranstaltung in Teheran. Oman unterhält traditionell Beziehungen zu beiden Ländern.
  • Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und Außenminister Dominic Raab bezeichneten den Angriff übereinstimmend als "rücksichtslos und gefährlich" und riefen Iran auf, eine solche Aktion nicht zu wiederholen.
  • Frankreich verurteilt den iranischen Angriff. Zugleich bekräftigt das Außenministerium in Paris die Solidarität mit den Partnern der von den USA geführten Allianz im Kampf gegen den IS. Dieser Kampf müsse fortgesetzt werden, die Souveränität des Iraks müsse dabei respektiert werden. Man sei mit allen Parteien im Gespräch und bemühe sich um Deeskalation.
  • Die Vereinigten Arabischen Emirate rufen zur Deeskalation in der Region auf. Dies sei klug und notwendig, schreibt Außenminister Anwar Gargasch auf Twitter. "Ein politischer Weg zur Stabilität muss nun folgen."
  • Der Außenminister der Türkei Mevlüt Çavuşoğlu will am Donnerstag in den Irak reisen und sich um Deeskalation bemühen. Das teilt sein Ministerium mit. Çavuşoğlu habe zudem bereits mit seinem iranischen Kollegen Jawad Sarif telefoniert.
  • Auch China ruft zur Zurückhaltung und zum Dialog auf. Dass sich im Nahen Osten die Spannungen verschärften, sei in niemandes Interesse, erklärt das Außenministerium in Peking. Man sei mit allen wichtigen Parteien im UN-Sicherheitsrat im Gespräch.
  • Israel hingegen steht nach den Worten des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fest an der Seite der USA. US-Präsident Donald Trump müsse wegen seines Vorgehens gegen Soleimani beglückwünscht werden. Wer immer versuche, Israel anzugreifen, werde hart getroffen werden.
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