Süddeutsche Zeitung

Iran:Feuer und Schüsse in Ewin-Gefängnis in Teheran

Lesezeit: 2 min

In dem Gefängnis im Norden der Hauptstadt Irans sind zahlreiche politische Gefangene und Demonstrierende der Proteste der vergangenen Wochen inhaftiert.

Im berüchtigten Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran ist am Samstagabend Feuer ausgebrochen. Augenzeugen sagten der Nachrichtenagentur Reuters zudem, es seien Schüsse von dem Gebäude in der iranischen Hauptstadt zu hören, in dem auch politische Gefangene inhaftiert sind.

Die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete am Samstagabend zunächst von einer Auseinandersetzung zwischen "Hooligans und Randalierern" mit den Gefängniswärtern. Das Textillager der Anstalt sei in Brand gesteckt worden, hieß es weiter. Bei dem Vorfall wurden laut Irna acht Menschen verletzt, Tote gab es demnach nicht. Die Lage in der Haftanstalt sei wieder unter Kontrolle, teilte die Gefängnisleitung Irna zufolge mit. Zeugen zufolge waren die Straßen zum Gefängnis abgeriegelt und Krankenwagen und Sondereinsatzkräfte zu sehen.

Die Hintergründe sind offen. Teherans Staatsanwalt bestritt einen Zusammenhang mit den anhaltenden systemkritischen Protesten, die sich seit vier Wochen im Land ausgebreitet haben. Er betonte, es habe sich bei dem Zwischenfall am Samstag um einen internen Konflikt im Gefängnis zwischen verurteilten Dieben gehandelt.

In den sozialen Medien war auch von Schüssen in der Haftanstalt die Rede. Auf tausendfach geteilten Videos waren chaotische Bilder rund um das Gefängnis zu sehen. Die Bilder konnten zunächst nicht verifiziert werden. Viele Angehörige der Inhaftierten eilten Medienberichten zufolge aus Sorge zum Ort des Geschehens.

Menschenrechtsgruppen kritisieren Zustände in Ewin

Im Ewin-Gefängnis im Norden Teherans sitzen nicht nur zahlreiche politische Gefangene, sondern auch Demonstranten, die dort wegen ihrer Teilnahme an den systemkritischen Protesten der vergangenen vier Wochen inhaftiert sind. Ob die Meuterei im Zusammenhang mit den anhaltenden systemkritischen Protesten im Land stand, ist derzeit unklar.

Wegen der seit Wochen anhaltenden Proteste im ganzen Land gerät die iranische Regierung immer stärker unter Druck. Nun sieht sich Präsident Ebrahim Raisi offenbar zu einer Reaktion gezwungen, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen.

Geltende Gesetze sollen überprüft werden

Die Nachrichtenagentur Irna verbreitet ein Statement von Raisi, in dem dieser - allerdings sehr vage gehaltene - Reformzusagen macht. Er sehe es als notwendig an, einige der im Land geltenden Gesetze "zu überprüfen, zu überarbeiten, zu aktualisieren und gegebenenfalls auch zu revidieren".

Auslöser der Unruhen, bei denen vor allem Frauen gegen den repressiven Kurs der Regierung und den Kopftuchzwang auf die Straße gehen, war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September.

Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5675650
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/reuters/pram
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.