Irans Präsident Hassan Rohani war in Rom, um Geschäfte zu machen, und die Italiener haben die nackten Statuen auf dem Kapitol mit Holz verkleidet, um die religiösen Gefühle ihres Gastes zu schonen. Das war falsch. Zwar sind die Aufnahme von Handelsbeziehungen und die Rückkehr Irans in die Völkerfamilie erfreulich. Aber wer sich anderen Kulturen aussetzt, muss andere Kulturen ertragen. Wer sich, wie die Kunstliebhaber am Golf, europäische Kultur kauft, muss das fremde Menschenbild aushalten, die ästhetische Auseinandersetzung und Darstellung von Frauen- und Männerkörpern.
Was in Rom passiert ist, war nicht nur falsch, es war unnötig. Die härtesten islamistischen Hardliner zeigen nämlich gerade in der diplomatischen Oberliga erfreuliche Flexibilität. Angela Merkel trug in Saudi-Arabien selbstverständlich kein Kopftuch, so wenig wie die First Ladys Michelle Obama und Laura Bush oder US-Außenministerin Condoleezza Rice. Guido Westerwelle verzichtete als Außenminister am Golf auf die Begleitung seines Lebensgefährten, aber er reiste als Schwuler in ein Land, das Schwule verfolgt.
Wäre Europa gerade nicht derart sensibilisiert, wären die Skulpturen kein so großer Aufreger. Falsch war das Versteckspiel dennoch. Notfalls hätte man für die Begegnung mit Rohani einen anderen Ort wählen können, nicht das Kapitol. Es gibt manches, wofür sich Europa schämen muss. Seine Kunst gehört nicht dazu.