Süddeutsche Zeitung

Explosion:Iran will Angriff auf Munitionsfabrik abgewehrt haben

Die Regierung in Teheran schickt ein Expertenteam in die Stadt Isfahan, um die Hintergründe zu untersuchen. Die US-Regierung schließt einen militärischen Angriff als letztes Mittel nicht aus, um Iran vom Bau von Atomwaffen abzubringen.

In Iran hat sich in der Nacht zum Sonntag eine Explosion ereignet. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete, wurde eine Munitionsfabrik des Verteidigungsministeriums nahe der Stadt Isfahan mit mehreren kleinen Fluggeräten angegriffen. Die Agentur Fars veröffentlichte ein Video einer Explosion. Staatsmedien schrieben, der Angriff sei abgewehrt worden.

Nach Angaben des iranischen Verteidigungsministeriums handelte es sich um einen militärischen Angriff. Drei der Fluggeräte seien vom Abwehrsystem zerstört worden. Bei der Attacke wurde demnach niemand verletzt. Der Sicherheitsausschuss des Parlaments teilte am Sonntag mit, dass die Regierung ein Expertenteam nach Isfahan schicken werde, um die Hintergründe der Angriffe zu untersuchen. Neben Militärexperten sollen auch Abgeordnete des Sicherheitsausschusses an den Untersuchungen teilnehmen und danach mitteilen, welche Entscheidungen die politische Führung treffe.

Außenminister Hossein Amir-Abdollahian bezeichnete die Angriffe als feige und zugleich lächerlich. Derartige Angriffe unterminierten weder die militärischen, noch die nuklearen Errungenschaften des Landes, sagte er laut Nachrichtenagentur Tasnim. Wer seiner Einschätzung nach verantwortlich für die Angriffe gewesen sei, sagte Amir-Abdollahian nicht. In politischen Kreisen ist jedoch die Rede von den beiden iranischen Erzfeinden Israel und USA. Das Wall Street Journal berichtete am Sonntag unter Berufung auf "mit der Operation" vertrauten Personen, dass Israel hinter den Angriffen stehe.

Die Explosion in Iran beschäftigte am Sonntag auch die Ukraine. Kiew stellte eine Verbindung zu dem Krieg in der Ukraine her. "Die Logik des Krieges ist unerbittlich und mörderisch", schrieb der Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, auf Twitter. "Und er stellt den Urhebern und Komplizen harte Rechnungen aus. (...) Die Ukraine hat euch gewarnt." Iran hat sich im Krieg zwar offiziell für neutral erklärt, wird allerdings von Kiew beschuldigt, den russischen Truppen unter anderem Drohnen für die Angriffe auf ukrainische Städte geliefert zu haben.

US-Regierung schließt militärisches Vorgehen nicht aus

Die US-Regierung schloss unterdessen ein militärisches Vorgehen nicht aus, um Iran davon abzuhalten, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen. US-Außenminister Tony Blinken sagte bei seiner Nahost-Reise in einem Interview mit dem Sender Al Arabiya, alle Optionen seien auf dem Tisch. Auf die Nachfrage, ob das auch eine militärische Option einschließe, wiederholte Blinken: "Alle Optionen sind auf dem Tisch." Er sagte aber auch, dass der bevorzugte Weg die Diplomatie sei. Iran habe die Chance gehabt, in das internationale Atomabkommen zurückzukehren, habe das aber abgelehnt, sagte Blinken. Bereits im Sommer 2022 hatte US-Präsident Joe Biden auch einen Angriff "als letztes Mittel" nicht ausgeschlossen.

Seit vielen Monaten stecken die Verhandlungen zur Wiederbelebung des Wiener Atomabkommens von 2015 zwischen Iran und dem Westen in einer Sackgasse. Teheran blockierte nach Aussagen von Diplomaten eine Einigung kurz vor Abschluss. Auch die brutale Unterdrückung der jüngsten Proteste in Iran hatte das Vertrauen in die Verhandlungen erschüttert.

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