Blaue Moschee:"Zentrales Spionagenest"

Blaue Moschee: Blick auf die Imam-Ali-Moschee des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). Sie wird auch Blaue Moschee genannt.

Blick auf die Imam-Ali-Moschee des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). Sie wird auch Blaue Moschee genannt.

(Foto: Marcus Brandt/dpa)

Das Islamische Zentrum Hamburg gilt als wichtiger Außenposten des iranischen Regimes. Seit Monaten prüft Innenministerin Faeser ein Verbot. Viel zu lange, klagt selbst der grüne Koalitionspartner.

Von Markus Balser und Robert Roßmann, Berlin

Bei Hamburger Stadtrundfahrten ist sie immer noch ein Ziel wie viele andere: Die Blaue Moschee an der Außenalster. Von Hop-on-Hop-off-Touren wird sie als "Orientalische Schönheit mitten in Hamburg" beworben. Hohe Minarette, blaues Kuppeldach: Die Moschee ist eine der ältesten und wohl auch bekanntesten in Deutschland. Doch sie ist längst auch eine der umstrittensten.

Der Verfassungsschutz beobachtet das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), zu dem die Blaue Moschee gehört, schon seit vielen Jahren. Das Zentrum richte sich mit islamistischen Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, findet der Inlandsgeheimdienst. Es sei einer der wichtigsten Außenposten des iranischen Regimes in Deutschland und sogar ein zentrales Propagandazentrum für ganz Europa. Deutsche Behörden hatten den Vizechef des Zentrums im vergangenen Jahr ausgewiesen. Er soll laut Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) Terrororganisationen und Terrorfinanzierer unterstützt haben. Das Zentrum wehrt sich vor Gericht gegen die Einstufung des Verfassungsschutzes.

Doch in diesen Tagen wächst der Druck auf das IZH massiv. "Das Islamische Zentrum Hamburg muss schnell geschlossen werden", fordert Grünen-Chef Omid Nouripour. Der Fall liege bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Prüfung, sagt Nouripour. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er die Zeit für eine Entscheidung längst gekommen sieht und sich von Faeser mehr Engagement wünscht. Deutschland müsse den Einfluss des iranischen Regimes hierzulande entschlossen zurückdrängen, sagt der Grünen-Chef.

Der Bundestag hatte bereits im vergangenen November einen Antrag der drei Koalitionsfraktionen zur Lage in Iran beschlossen. Er trug den Titel: "Protestbewegung im Iran unterstützen - Druck auf das Regime in Teheran erhöhen." Der Antrag ist im Ton sehr deutlich, es ist zum Beispiel vom "menschenverachtenden iranischen Regime" die Rede. Und der Bundesregierung werden Aufträge erteilt. Einige von ihnen sind allerdings nur allgemeiner Art - andere lediglich Prüfaufträge. Einer davon ist, "zu prüfen, ob und wie das 'Islamische Zentrum Hamburg' als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann".

"Zu mit der Bude!", sagt die Union

Das alles war der Unionsfraktion schon damals zu wenig. Deutschland verhänge leider nur "Minisanktionen", klagte Norbert Röttgen (CDU) in der Debatte. Und Thomas Erndl (CSU) sagte, beim IZH müsse man gar nichts mehr prüfen, das werde doch schon seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Bundesregierung müsse sich deshalb sofort für eine Schließung einsetzen, es seien "echte Taten" nötig. Der CDU-Abgeordnete Peter Beyer fasste die Haltung seiner Fraktion in einem Zwischenruf zusammen: "Zu mit der Bude!"

Das war vor mehr als drei Monaten. Doch passiert ist seither wenig. Die "Bude" ist immer noch offen. Das ärgert inzwischen nicht mehr nur die Union, sondern auch die Grünen gewaltig. Das IZH sei ein "zentrales Spionagenest", warnt Nouripour. Von dort aus werde die Einschüchterung der Exilopposition organisiert.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, forderte deshalb am Dienstag ein schnelleres Vorgehen der zuständigen Behörden. "In Deutschland existieren eine Reihe islamischer Zentren und Organisationen regierungstreuer Iraner, mit deren Hilfe Iran versucht, Einfluss auf hier lebende Schiiten unterschiedlicher Nationalitäten zu nehmen", sagte Kaddor der Süddeutschen Zeitung. Iranerinnen und Iraner würden über Einschüchterungsversuche und Drangsalierungen berichten. "Nach unserem Wissensstand liegen diese Erkenntnisse den zuständigen Behörden vor", sagte Kaddor. Damit sollten die Voraussetzungen für die Schließung - und damit ein Verbot des Hamburger Vereins - gegeben sein. "Wir erwarten von Bundesinnenministerin Faeser, dass das zeitnah erfolgt."

Doch das Innenministerium reagierte am Dienstag zurückhaltend. Die zuständigen Behörden hätten grundsätzlich "jedwede illegitimen Aktivitäten ausländischer staatlicher Akteure fest im Blick und dulden diese nicht", sagte eine Sprecherin. Zu Verbotsüberlegungen von Vereinen äußere sich das Ministerium aber generell nicht - "unabhängig davon, ob zu solchen Überlegungen im Einzelfall Anlass bestehe". Denn ansonsten bestünde die Gefahr, dass mögliche Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten und Maßnahmen so vereitelt werden könnten.

Und was sagt das IZH zu all dem? Auf Anfrage der SZ beklagt es, Objekt "haltloser Vorwürfe" zu sein. "Der Wunsch nach der Schließung eines Gotteshauses erinnert uns an eine schwarze Zeit in Deutschland", schreibt das Zentrum in einer Stellungnahme. Die Blaue Moschee sei ein Ort "des interreligiösen und interkulturellen Austauschs". Man solle sich deshalb nicht von "aufstrebenden Politikern, die sich selbst profilieren wollen, diktieren lassen, wie man mit der Gesellschaft zusammenarbeitet".

In der Union ärgert man sich gewaltig über solche Erklärungen. Das IZH sei "eine Drehscheibe der Operationen des islamischen Regimes des Iran in Deutschland", sagt Roderich Kiesewetter, Obmann der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, der SZ. Zu Recht werde "die Blaue Moschee samt ihrer Mitglieder vom Landesverfassungsschutz beobachtet", denn von ihr gehe "eine Bedrohung iranischer Oppositioneller in Deutschland aus". Die Union fordere deshalb, "dass das Islamische Zentrum Hamburg endlich geschlossen wird" und dass Strafverfolgungen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit "gegen seine Mitglieder geprüft werden". Das wäre dann "auch ein starkes Zeichen an die iranische Zivilgesellschaft".

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