Iran:80 000 Menschen bei Demonstration in Berlin

Iran: Protestierende in der Nähe der Siegessäule in Berlin.

Protestierende in der Nähe der Siegessäule in Berlin.

(Foto: Jürgen Held/imago)

Teilnehmer aus mehreren europäischen Ländern solidarisieren sich mit den Protesten in der Islamischen Republik.

In Berlin sind Zehntausende Menschen aus Solidarität mit den Protesten in Iran durch das Regierungsviertel gezogen. An der Berliner Siegessäule kamen am Samstag Menschen aus weiten Teilen Europas zusammen. Nach Einschätzungen der Polizei waren am Nachmittag rund 80 000 Menschen vor Ort. Stundenlang strömten Menschenmassen aus allen Richtungen zur Demonstration.

In der Nacht und am frühen Morgen waren bereits zahlreiche Iraner aus Dutzenden Städten angereist, um die systemkritischen Proteste in Iran zu unterstützten. Dutzende Reisebusse standen entlang der Straßen, die zur Siegessäule führen. Seit fünf Wochen reißen die Proteste gegen die Islamische Republik und ihren autoritären Regierungskurs nicht ab. Die Demonstration in Berlin war friedlich, die Polizei bezeichnete sie als "überwiegend störungsfrei". Zu Beginn wurde kurz Pyrotechnik gezündet.

Prominent wurde der Slogan der Proteste "Frau, Leben, Freiheit" gerufen. Immer wieder forderten die Demonstranten den Sturz des Regierungssystems - sie riefen "Tod Chamenei". Ali Chamenei hat in Iran als Oberster Religionsführer und Staatsoberhaupt in allen wichtigen Belangen das letzte Wort. Die landesweiten Proteste hatte Chamenei jüngst als eine Verschwörung aus dem Ausland bezeichnet.

Angemeldet hatte die Demonstration das "Woman* Life Freedom Kollektiv", das sich gegen Unterdrückung und Diskriminierung in Iran starkmachen will. Zahlreiche Organisationen unterstützten den Aufruf. Vom Großen Stern in Berlin zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch das Berliner Regierungsviertel entlang des Tiergartens.

Auslöser der Massenproteste im Iran war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Zwangsvorschriften für das Tragen eines Kopftuchs nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Seit ihrem Tod demonstrieren in Iran Tausende gegen den repressiven Kurs sowie das islamische Herrschaftssystem.

Unterdessen hat die iranische Justizbehörde angekündigt, die beiden in London ansässigen persischsprachigen Nachrichtensender BBC Farsi und Iran International auf eine eigene Terrorliste zu setzen, weil sie zu Unruhen aufriefen. Der Zugang zum Internet wird von der Regierung und den Sicherheitsbehörden bereits stark eingeschränkt.

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