Teilausstieg aus Atomabkommen:Iran setzt Vertragspartnern 60-Tage-Frist

Iran Uran Atomabkommen

Auf einem undatierten Archivbild lässt sich Irans Präsident Rohani (rechts) von Ali Akbar Salehi, dem damaligen Leiter des iranischen Atomprogramms, am "Tag der nuklearen Technologie" in Teheran technische Gerätschaften erklären.

(Foto: AFP)
  • Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China wollen das Abkommen mit Iran erhalten, obwohl die USA unter Präsident Trump sich vergangenes Jahr davon zurückgezogen haben.
  • Nun kündigt Iran einen teilweisen Rückzug aus dem Abkommen an. Deutschland mahnt zur Einhaltung.
  • Das Land begründet das mit der Unfähigkeit der verbliebenen Vertragspartner: Diese hätten den Deal nicht vertragsgerecht umsetzen können, sagt Präsident Rohani.
  • Falls binnen 60 Tagen keine neuen Bedingungen für das Atomabkommen vereinbart würden, werde Iran wieder eine höhere Urananreicherung aufnehmen, kündigt er an.

Iran will in Teilen aus dem 2015 abgeschlossenen Atomabkommen aussteigen. Vollständig aufgekündigt werden soll das Abkommen nicht, aber einzelne "freiwillige Verpflichtungen" daraus will das Land reduzieren. Der iranische Präsident Hassan Rohani soll in einem Schreiben die anderen Unterzeichnerstaaten - China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland - über die Entscheidung informiert haben, berichtet die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Isna.

Irans teilweiser Ausstieg aus dem Abkommen sei die Reaktion auf die Unfähigkeit anderer Unterzeichner wie der Europäischen Union, dem Druck der USA standzuhalten, wird der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif von Staatsmedien zitiert. Genau vor einem Jahr hatten sich die Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump aus dem Abkommen zurückgezogen.

Iran habe nach dem Ausstieg der USA ein Jahr geduldig gewartet, aber die anderen fünf Vertragspartner hätten den Deal nicht vertragsgerecht umsetzen können, sagte Präsident Rohani bei einer Kabinettssitzung in Teheran. "Wir sind nicht aus dem Atomdeal ausgestiegen, sondern machen von unserem legitimen Recht Gebrauch, einem Vertragsbruch zu entgegnen."

Iran werde in einer ersten Phase des Teilausstiegs überschüssiges angereichertes Uran behalten, anstatt es wie im Atomabkommen vereinbart zu verkaufen. Eine höhere Urananreicherung werde wieder aufgenommen, falls binnen 60 Tagen keine neuen Bedingungen für das Atomabkommen vereinbart würden. Teheran werde seine Verpflichtungen wieder einhalten, falls die Vertragspartner binnen zwei Monaten die Bank- und Ölsanktionen gegen Iran wieder aufheben, sagte Rohani.

Es war einer der Kernpunkte der 2015 erzielten internationalen Vereinbarung, die Urananreicherung im Iran auf ein Niveau unterhalb einer Grenze festgeschrieben zu haben, bei der keine Herstellung atomarer Sprengsätze möglich ist. Mit strengen Kontrollen sollte es Iran unmöglich gemacht werden, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug stellten die Vertragspartner einen Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht.

Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien hat sichTeheran seit Januar 2016 an die Vereinbarungen gehalten, es wurden keine Verstöße gegen die Auflagen festgestellt. Die USA traten dennoch Anfang Mai 2018 einseitig aus dem Abkommen aus. Sie werfen Iran vor, Unruhe im Nahen Osten zu schüren.

Die anderen Unterzeichnerstaaten aber wollen den Vertrag erhalten. "Seitens Europa gibt es heute keine Sanktionen, weil der Iran bisher immer seinen Verpflichtungen zur Kontrolle und Einhaltung von Atomanlagen in Iran nachgekommen ist", sagte Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly. Frankreich selbst allerdings will zwar ebenfalls an dem Abkommen festhalten, schließt Parly zufolge Sanktionen aber nicht aus. Sie gehörten zu den Dingen, die untersucht würden.

Die Bundesregierung mahnt Iran zur Einhaltung des Atom-Abkommens. Deutschland wolle die Vereinbarung erhalten und werde seine Verpflichtungen voll erfüllen, solange dies auch Iran tue, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Iran werde an seinem Handeln gemessen werden. Ein Regierungssprecher betonte, selbst eine teilweise Verletzung des Abkommens sei nicht akzeptabel. Er forderte Iran auf, keine aggressiven Schritte zu unternehmen.

Deutliche Worte kommen aus Israel. Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte: "Ich habe gehört, dass Iran sein Atomprogramm fortsetzen will. Wir werden es dem Iran nicht gestatten, Atomwaffen zu erlangen."

Die USA hatten ihre Sanktionen zuletzt ausgeweitet. Seit dem 1. Mai müssen alle Länder mit Strafmaßnahmen rechnen, die Öl aus Iran importieren. Ausnahmen für einige wenige Abnehmer liefen zu diesem Datum aus. Zudem wurden der US-Flugzeugträger Abraham Lincoln und Bomber in den Nahen Osten entsandt, was Iran scharf kritisiert.

US-Außenminister Mike Pompeo hatte sehr kurzfristig seinen für Dienstag geplanten Besuch in Berlin abgesagt und war stattdessen angesichts der wachsenden Spannungen in das iranische Nachbarland Irak geflogen. Dort traf er unter anderem Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi, dem er seine Unterstützung für einen "souveränen, unabhängigen Irak" zusicherte.

Nach Auffassung Russlands haben die USA und ihr "unvernünftiges Verhalten" die Lage rund um das internationale Atomabkommen mit Iran verkompliziert. Washington habe die "nicht zu akzeptierende" Situation verschärft, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen, Mohammed Dschawad Sarif.

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