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Irak:"Zahl von terroristischen Anschlägen wird zunehmen"

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Nach der bisher blutigsten Woche für die US-Streitkräfte rechnet US-Zivilverwalter Paul Bremer in den kommenden Monaten mit einer weiteren Zunahme der Angriffe. Aus Sudan, Syrien, Jemen und Saudi-Arabien seien bereits hunderte "professionelle Terroristen" nach Irak eingedrungen.

"Es wird eine zunehmende Anzahl von Angriffen und terroristischen Anschlägen geben, weil die Terroristen sehen, dass die Dynamik des Wiederaufbaus zu unseren Gunsten läuft", sagte Bremer der in London erscheinenden Times.

Aus Sudan, Syrien, Jemen und Saudi-Arabien seien bereits hunderte "professionelle Terroristen" nach Irak eingedrungen, die ihre blutigen Aktivitäten verstärkten, um die amerikanischen und britischen Truppen aus dem Land zu vertreiben, sagte Bremer der Londoner Times. Er räumte ein, dass den Alliierten ein funktionierendes Geheimdienstnetz fehle, um dieser Bedrohung zu begegnen. Das Problem sei nur in den Griff zu bekommen, wenn sich die nachrichtendienstliche Aufklärung in Irak verbessere.

Der US-Zivilverwalter kündigte an, einen Vorschlag des irakischen Innenministeriums zu prüfen, wonach eine Spezialeinheit aus aus Mitgliedern verschiedener kurdischer und schiitischer Milizen nach, an der auch Ex-Geheimdienstmitarbeiter beteiligt werden könnten. Die Milizen würden sich auf dem irakischen Terrain besser als die Koalitionsstreitkräfte auskennen und könnten ausländische Kämpfer schneller identifizieren.

Alternativen zum Regierungsrat

Unterdessen wird der Ton zwischen der Besatzungsmacht USA und dem provisorischen irakischen Regierungsrat zunehmend rauer. Ursache sind Berichte, wonach die Regierung von US-Präsident George W. Bush über Alternativen zum Regierungsrat nachdenke, da sich die Ratsmitglieder mehr um ihre eigene Interessen als um eine neue Verfassung und andere politische Fragen kümmerten.

Samir el Sumeidi, ein Mitglied des Regierungsrats, betonte, die Besatzungsmacht sei gar nicht befugt, über eine mögliche Absetzung des Rats zu entscheiden: "Der Rat war anfangs von den Koalitionstruppen legitimiert worden, aber nach der Resolution 1511 des UN-Sicherheitsrats beziehen wir diese Legitimität von den Vereinten Nationen."

Kurdenführer Dschalal Talabani, der in diesem Monat Präsident des Rates ist, spielte die jüngsten Differenzen zwischen dem Rat und den Amerikanern herunter. Er sagte nach Angaben der irakischen Zeitung Al-Sabah, US-Zivilverwalter Bremer habe den Ratsmitgliedern sogar eine Erweiterung ihrer Entscheidungskompetenzen versprochen.

Kritiker im Irak hatten den Regierungsratsmitgliedern wiederholt vorgeworfen, sie zögerten die Abhaltung von Wahlen bewusst heraus, da sich einige von ihnen bei freien Wahlen keine guten Chancen ausrechneten.

US-Vizeaußenminister Richard Armitage antwortete dagegen am Montag in Kairo auf eine Frage nach dem Abzug der Besatzungstruppen: "Wem sollen wir die Macht (im Irak) denn übergeben? Das ist doch die entscheidende Frage".

Kämpfe mit der PKK

In Iskanderija, 50 Kilometer südlich von Bagdad, töteten Untergrundkämpfer unterdessen einen US-Militärpolizisten. Seine Patrouille sei am Sonntagabend mit Panzerfäusten angegriffen worden, teilte das US- Militärkommando in Bagdad mit.

Erstmals lieferten sich US-Truppen im kurdischen Norden Iraks auch Gefechte mit Kämpfern der türkisch-kurdischen Rebellenbewegung PKK. Die Türkei hatte die USA mehrfach aufgefordert, gegen mutmaßliche PKK-Stützpunkte in Nordirak vorzugehen. Die Regierung in Ankara vermutet bis zu 5000 PKK-Kämpfer in dem Nachbarland.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa)

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