Süddeutsche Zeitung

Anti-Regierungsproteste:Dutzende Tote und Tausende Verletzte bei Demonstrationen im Irak

  • Seit Dienstag gehen im Irak Menschen gegen die hohe Arbeitslosigkeit, Misswirtschaft und Korruption auf die Straße.
  • Forderungen nach dem Rücktritt der Regierung um Regierungschef Adel Abdel Mahdi werden laut.
  • UN-Generalsekretär António Guterres rief die Regierung und Protestierende zum Dialog auf.

Bei Protesten im Irak sind in den vergangenen Tagen mindestens 93 Menschen gestorben. Das teilte die staatliche Menschenrechtskommission in Bagdad mit. Fast 4000 Menschen wurden demnach verletzt, die meisten Opfer seien Demonstranten. Polizei und Ärzte hatten zuvor von mehr als 70 Toten und Hunderten Verletzten gesprochen.

Seit Dienstag demonstrieren im Irak Menschen gegen die Regierung, die Proteste richten sich vor allem gegen die hohe Arbeitslosigkeit, Misswirtschaft und Korruption. Die Polizei hatte bei Zusammenstößen mit den Demonstranten Tränengas, aber auch scharfe Munition eingesetzt. Am Samstag kam es erneut zu Protesten. Aktivisten berichteten der Deutschen Presse-Agentur zufolge, dass wieder auf Demonstranten geschossen worden sei.

Regierungschef Adel Abdel Mahdi hatte zuvor eine Ausgangssperre aufgehoben, die seit Donnerstag galt. Das Internet blieb größtenteils unterbrochen. Eine Delegation des Parlaments habe sich mit 50 Vertreten der Demonstranten getroffen, um über deren Forderungen zu sprechen, sagte ein Abgeordneter der Deutschen Presse-Agentur.

UN-Generalsekretär António Guterres rief die Regierung und die Demonstranten zum Dialog auf. Alle Beteiligten müssten "äußerste Zurückhaltung" zeigen. Der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr forderte die Regierung zum Rücktritt auf und verlangte eine Neuwahl unter Aufsicht der UN. Angesichts des "rücksichtslosen Blutvergießens" dürfe niemand schweigen, sagte er irakischen Medien zufolge.

Es sind die schwersten Unruhen seit 2017, als der Irak den Sieg über den extremistischen sogenannten Islamischen Staat erklärte. Die Proteste werden hauptsächlich von jungen Männer getragen. Viele von ihnen klagen über fehlende Arbeitsplätze oder die schlechte Infrastruktur. Das Land gehört zwar weltweit zu den größten Ölproduzenten, trotzdem kommt es immer wieder zu langen Stromausfällen. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es immer wieder tagelange Proteste gegeben.

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SZ.de/cck/dpa/Reuters/leja
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