Süddeutsche Zeitung

Irak:Luftangriffe der Anti-IS-Koalition fordern Dutzende Todesopfer in Mossul

  • Luftangriffe der US-geführten Koalition im Irak haben zahlreiche Todesopfer zur Folge.
  • Der Gouverneur der Provinz, Nawfal Hammadi, sprach von mehr als 130 Toten in Mossul, eine der letzten Hochburgen des "Islamischen Staats".
  • Die irakischen Sicherheitskräfte haben nach eigenen Angaben die Rückeroberung der Stadt wegen der hohen Zahl ziviler Opfer unterbrochen.

Bei Luftangriffen auf den Westen der irakischen Stadt Mossul sind in den vergangenen Tagen laut Behördenvertretern Dutzende Zivilisten getötet worden.Der Gouverneur der Provinz, Nawfal Hammadi, sprach von mehr als 130 Toten. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben bislang nicht überprüft werden. Zahlreiche Opfer lägen unter Trümmern begraben, sagte der Vorsitzende des Provinzrates von Ninive, Baschkar al-Kiki, ohne genaue Zahlen zu nennen.

Die US-geführte Koalition im Irak hat die tödlichen Luftangriffe auf West-Mossul eingeräumt. Eine erste Überprüfung der Angriffsdaten deute darauf hin, dass die Anti-IS-Koalition am 17. März Kämpfer und Ausrüstung der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) an einem Ort getroffen habe, der mit den Angaben zu zivilen Opfern übereinstimme, erklärte das Militärbündnis am Samstag.

"Zurzeit finden keine Kampfeinsätze statt"

Mossul ist von irakischen Regierungstruppen und unterstützenden Kampfeinheiten umzingelt. Die von den USA angeführte Koalition will die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" aus der Großstadt verdrängen, die dort seit 2014 ihre Hochburg hat. Das Ministerium für Migration und Vertriebene in Bagdad teilte mit, seit dem Beginn des Sturms auf den Westteil Mossuls seien bislang mehr als 200 000 Menschen aus der Stadt geflüchtet.

Die irakischen Sicherheitskräfte haben unterdessen nach eigenen Angaben die Rückeroberung der letzten IS-Hochburg Mossul wegen der hohen Zahl ziviler Opfer in der Altstadt unterbrochen. Die Vormarschpläne würden nun überarbeitet, sagte ein Sprecher der Polizeikräfte am Samstag. "Zurzeit finden keine Kampfeinsätze statt."

Regierungstruppen haben mit Unterstützung von US-Luftangriffen bereits den Osten der Stadt und mehr als die Hälfte des Westens unter Kontrolle gebracht. Der Vormarsch der Regierungstruppen steckt allerdings immer wieder in den engen Straßen der Altstadt fest. "Es ist an der Zeit, neue Offensivpläne und Taktiken zu erwägen", sagte der Sprecher der Sicherheitskräfte vor Ort. Es müsse sichergestellt werden, dass die Vertreibung des IS nicht zu unerwünscht hohen Opferzahlen unter der Bevölkerung führe. Nötig seien "chirurgisch präzise" Operationen gegen die IS-Kämpfer. Am Freitag hatte US-Brigadegeneral John Richardson der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, überlegt werde unter anderem, die Altstadt vom Rest der Stadt zu isolieren. Die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak, Lise Grande, erklärte, die UN seien wegen der zivilen Verluste sehr besorgt.

Die Offensive auf Mossul begann im Oktober 2016. Zunächst nahmen die Koalitionstruppen den Ostteil der Stadt ein, am 19. Februar startete die Offensive auf den Westteil. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sollen sich noch 400 000 bis 600 000 Menschen in West-Mossul aufhalten. Aus Angst vor Heckenschützen des "Islamischen Staats" würden viele Menschen nicht flüchten.

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