Auf Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wächst nach iranischen Raketenangriffen auf internationale Truppen im Irak der Druck, nun auch die restlichen deutschen Bundeswehrsoldaten in Erbil so rasch wie möglich abzuziehen. Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker der Grünen, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Bundesregierung muss der Sicherheit deutscher Soldaten oberste Priorität einräumen. Die Bundeswehr im Moment in Erbil zu belassen, ist unverantwortlich." Er gebe derzeit keinen vernünftigen Grund, die Bundeswehr weiterhin dort zu belassen. "Die Ausbildung ist ausgesetzt, die Sicherheitslage mehr als fragil und das irakischer Parlament erwartet den Abzug ausländischer Truppen."
Am Mittwochmorgen hatte die Verteidigungsministerin einen Teilabzug der Soldaten im Norden des Landes angekündigt. Man befindet sich in der Planung für eine "mögliche Teilrückverlegungen" von Soldaten in Erbil. In der Nacht zu Dienstag war die Bundeswehr einer Weisung der internationalen Missionsführung an die Partnernationen gefolgt und hatte bereits ihre Kräfte aus Bagdad und dem nahegelegenen Militärkomplex Tadschi abgezogen. Für den Stützpunkt im nordirakischen Erbil wurde die Sicherheitslage anders eingeschätzt. Zunächst sollten die Soldaten bleiben.
In der Nacht zu Mittwoch machte Teheran allerdings seine Drohungen nach Vergeltung für die gezielte Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani durch das US-Militär wahr und nahm Stützpunkte unter Beschuss. Der Angriff dauerte von 23.41 Uhr bis 2.45 Uhr. Die deutschen Soldaten seien jedoch rechtzeitig gewarnt worden und hätten sich in Sicherheit bringen können. Verletzt wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums niemand. Unter Verteidigungspolitikern im Bundestag stellt sich jedoch die Frage, ob die Bundeswehr nicht früher mit einem Abzug der Soldaten auch aus Erbil hätte beginnen müssen.
Kramp-Karrenbauer kritisierte die iranischen Angriffe auf Militärbasen im Irak im Namen der Bundesregierung "aufs Schärfste". Besonders die Führung in Teheran sei aufgefordert, die Lage nicht eskalieren zu lassen. Es müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, damit sich die Spirale der Gewalt nicht weiter hoch drehe. Die Ministerin lobte die nächtliche Abstimmung mit der US-Regierung. Sie wolle ein möglichst rasches Treffen der Partner im Anti-IS-Kampf.