Irak:Briten stürmen Gefängnis

Lesezeit: 1 min

Die gewaltsame Befreiung zweier britischer Soldaten aus irakischer Haft hat vermutlich Auswirkungen auf Pläne der Regierung in London, einen Teil des britischen Truppenkontingents bis zum kommenden Frühjahr aus dem Süd-Irak abzuziehen.

Wolfgang Koydl

London - Die blutigen Zusammenstöße mit überwiegend jugendlichen Demonstranten in Basra werfen zudem ein Schlaglicht darauf, dass sich die Sicherheitslage in der zweitgrößten Stadt des Irak dramatisch verschlechtert hat.

Die Ausschreitungen hatten begonnen, als britische Soldaten mit Warrior-Panzern das Gefängnis von Basra stürmten, um zwei ihrer Kameraden zu befreien, die zuvor von Angehörigen der schiitischen Mahdi-Armee festgenommen wurden.

Die beiden Soldaten hatten arabische Kleidung getragen und waren offensichtlich Angehörige einer Spezialeinheit, die inkognito in der Stadt operierte.

"Barbarisch, grausam und unverantwortlich"

Irakische Regierungsvertreter und der Gouverneur von Basra warfen dem britischen Militär vor, mit den Panzern eine Mauer des Gefängnisses niedergewalzt zu haben. Dadurch sei es Dutzenden von Häftlingen gelungen zu fliehen. Das Vorgehen der Briten sei "barbarisch, grausam und unverantwortlich" gewesen, erklärte der Gouverneur der Provinz, Mohammed el-Waili.

Das Verteidigungsministerium in London wies diese Behauptungen zurück. Einer der Schützenpanzer könne unabsichtlich eine Gefängnismauer eingedrückt haben, als der Fahrer im Dunkeln sein Fahrzeug zurückgesetzt habe, hieß es. "Einen Massenausbruch aus einem Gefängnis würden wir gewiss nie ermöglichen oder anordnen", betonte ein Sprecher des Ministeriums.

Nach Angaben aus London war das Leben der beiden inhaftierten Soldaten in Gefahr, da man befürchten musste, dass sie in der Nacht von einem Mob befreit und als Geiseln festgehalten würden.

Die Aktion löste die schwersten Unruhen aus, die Basra seit zwei Jahren gesehen hat. Hunderte Iraker griffen die britischen Schützenpanzer mit Steinen und Molotowcocktails an. Das britische Fernsehen zeigte dramatische Bilder, wie ein Panzerfahrer mit brennender Uniform aus seinem Fahrzeug flüchtete, das in Flammen eingehüllt war. Mindestens zwei Zivilisten sollen bei den Ausschreitungen getötet worden sein.

Bei einem Selbstmordanschlag in der nordirakischen Stadt Mossul wurden unterdessen vier US-Bürger getötet und zwei verletzt. Der Täter hatte mit seinem Auto das Fahrzeug eines diplomatischen Konvois gerammt und anschließend eine Bombe gezündet. Fünf Soldaten der US-Armee wurden bei Bombenanschlägen getötet.

© SZ vom 21.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: