Industriepolitik:EU erleichtert grüne Subventionen

Industriepolitik: Ursula von der Leyen bespricht sich am Mittwoch mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager: Die EU-Kommission wird die Subventionsregeln aufweichen, als Reaktion auf die Politik der USA.

Ursula von der Leyen bespricht sich am Mittwoch mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager: Die EU-Kommission wird die Subventionsregeln aufweichen, als Reaktion auf die Politik der USA.

(Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Kommissionspräsidentin von der Leyen will die Beihilferegeln für erneuerbare Energien und klimafreundliche Technologien lockern. Sie reagiert damit auf eine brisante US-Initiative - doch es gibt Risiken.

Von Björn Finke, Brüssel

EU-Regierungen sollen künftig einfacher und mehr Subventionen an Firmen zahlen können, die in grüne Technologien investieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Mittwoch im Europaparlament an, dass ihre Behörde schon im Januar flexiblere Regeln für staatliche Beihilfen vorstellen werde. Die Kommission ist dafür zuständig, diese zu genehmigen und zu prüfen, ob sie den Wettbewerb verzerren. Mit dem Vorstoß reagiert die Deutsche auf das umstrittene Subventionspaket der US-Regierung.

Dieser sogenannte Inflation Reduction Act (IRA) fördert massiv den grünen Umbau der amerikanischen Wirtschaft. Doch das Beihilfengesetz benachteiligt europäische Konzerne, die umweltfreundliche Produkte in die USA exportieren wollen, zum Beispiel Elektroautos. Denn Präsident Joe Biden möchte mit dem Programm vor allem US-Fabriken unterstützen. Daher fürchten die Kommission und EU-Regierungen, dass hiesige Konzerne Werke in die USA verlagern könnten. "Wir müssen unsere Antwort geben, unseren europäischen IRA", sagte von der Leyen dazu.

Industriepolitik und die Beziehungen zu den USA gehören auch zu den Themen beim EU-Gipfel, zu dem die 27 Staats- und Regierungschefs an diesem Donnerstag in Brüssel zusammenkommen. In einem Brief an die Teilnehmer lieferte von der Leyen mehr Details zu ihren Plänen. Das grobe Konzept hatte sie bereits vor anderthalb Wochen bei einer Rede präsentiert. In dem dreiseitigen Schreiben führt die CDU-Politikerin nun aus, dass die strengen Subventionsregeln "für einige Jahre" gelockert werden sollten. Regierungen sollten schneller und umfangreicher Investitionen in Öko-Energie oder eine klimafreundliche Industrieproduktion unterstützen können oder auch den Bau von Fabriken für wichtige grüne Güter.

Das Aufweichen der Subventionsregeln führt allerdings zu einem Problem: In finanzstarken und großen Mitgliedstaaten wie Deutschland können Regierungen die neue Freiheit viel besser nutzen, um ihre Betriebe zu fördern. Klamme Regierungen wie die italienische werden da nicht mithalten können. Deutsche Firmen könnten also unfaire Vorteile genießen, der gemeinsame Binnenmarkt würde verzerrt. Von der Leyen betont daher, dass es auch mehr EU-Fördergeld geben müsse: "Unsere europäische Industriepolitik erfordert eine gemeinsame europäische Finanzierung." Die Kommissionschefin will dafür einen sogenannten Europäischen Souveränitätsfonds aufsetzen, der wichtige Industrieprojekte unterstützt. Konkrete Konzepte wird sie im Sommer präsentieren.

Muss die EU wieder Schulden machen?

Ohnehin will die Behörde bis Sommer einen Kassensturz machen und prüfen, ob nicht der mehrjährige EU-Etatplan für 2021 bis 2027 aufgestockt werden muss. Auf diese Weise ließe sich Geld für den neuen Topf auftreiben. In dem Fall müssten allerdings große Nettozahler in den Brüsseler Haushalt wie Deutschland kräftig nachschießen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kommission den Souveränitätsfonds über neue gemeinsame EU-Schulden füllt. Auch das wäre heikel für Berlin: Bundesfinanzminister Christian Lindner hat bereits klargestellt, dass er dies ablehnt. "Mit einem Souveränitätsfonds darf (...) nicht ein neuer Anlauf unternommen werden für gemeinsame europäische Schuldenaufnahme", sagte der FDP-Vorsitzende vorige Woche nach von der Leyens Rede zu dem Thema. Die vorgesehene Lockerung der Beihilferegeln unterstützt die Bundesregierung hingegen.

Die Kommission setzt jedoch nicht nur auf zusätzliche Subventionen. Zugleich versucht sie, die schädlichen Folgen des amerikanischen Pakets in Gesprächen mit Washington abzuschwächen. Zwar ist klar, dass Biden das Gesetz nicht mehr ändern wird. Die US-Regierung muss aber noch die Ausführungsbestimmungen erlassen, und hier hofft Brüssel auf Entgegenkommen.

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