Interview:US-Kolumnist isst Zeitungskolumne auf - wegen Donald Trump

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Interview: Weil er Donald Trumps Chancen falsch eingeschätzt hat, muss Dana Milbank von der "Washington Post" nun seine Zeitungskolumne essen.

Weil er Donald Trumps Chancen falsch eingeschätzt hat, muss Dana Milbank von der "Washington Post" nun seine Zeitungskolumne essen.

(Foto: Quelle: The Washington Post)

Trump, Kandidat der Republikaner? Niemals, wettete Dana Milbank im Oktober. Im Interview verrät er, wie er seine Kolumne zubereiten wird - und welche Verantwortung die US-Medien am Aufstieg von The Donald tragen.

Von Matthias Kolb

Als Donald Trump am 15. Juni seine Kandidatur fürs Weiße Haus bekannt gab, nahm ihn kaum jemand ernst. Bis zum Winter sagten fast alle Polit-Analysten, dass Trump NIE von den Republikanern nominiert werde. Der brutale Konkurrenzdruck der US-Medien mit Rund-um-die-Uhr-Berichterstattung verführte viele Kommentatoren zu steilen Thesen. Auch Dana Milbank, einer der bissigsten US-Kolumnisten, legte sich im Oktober fest: "Trump wird verlieren oder ich esse diese Kolumne". Bevor er das Versprechen einlöst, sprach er mit der SZ über die Twitter-Strategie des Milliardärs und die Rolle der Kabel-Sender.

SZ: Mister Milbank, sind die amerikanischen Medien schuld am Erfolg von Donald Trump?

Dana Milbank: Ein Funken Wahrheit steckt in dem Vorwurf, denn Trump ist ein Geschöpf der New Yorker Boulevardmedien. So bekannt wird man nicht in einem Jahr, das wird in Jahrzehnten aufgebaut. Er versteht das Mediengeschäft sehr gut und seine politische Karriere ist ohne Fox News undenkbar. Trump war die bekannteste Figur der "Birther"-Bewegung, die die Geburtsurkunde von US-Präsident Obama anzweifelte. Die Medien sind nicht schuld daran, dass Trump nun der Kandidat der Republikaner ist - sie haben aber jene Figur Donald Trump geschaffen, die Millionen Amerikaner fasziniert.

Im Herbst 2015 war sich die Mehrheit der Polit-Experten einig, dass Trump keine Chance habe. Was haben sie falsch eingeschätzt?

Ich kann nur für mich sprechen, aber ich habe ihn als echte Bedrohung betrachtet. Er ist ein Demagoge und wir Amerikaner haben wenig Erfahrung mit nationalistischen Politikern, die weit rechtsaußen stehen. Ich sah ihn nie als Clown, aber ich war überzeugt, dass sich die Republikaner in den Vorwahlen gegen ihn entscheiden würden. Ich habe argumentiert: 'Wir Amerikaner sind besser als Trump.' Leider hatte Trump keinen einzigen ernsthaften Rivalen, sondern 16 Konkurrenten - und nun ist er Kandidat.

War diese Überzeugung der Grund, wieso Sie am 2. Oktober in der Washington Post schrieben "Trump wird verlieren oder ich esse diese Kolumne"?

Damals führte Trump seit drei Monaten in den Umfragen und die Leute sagten langsam: "Wir müssen ihn ernst nehmen". Ich sah das genauso, aber mein Vertrauen in das konservative Amerika war zu stark. Ich bin aber immer noch überzeugt, dass meine Mitbürger Trump zurückweisen werden - nun eben bei der Hauptwahl am 8. November. Jetzt bin ich froh, dass ich damals nicht geschrieben habe, dass ich meine Schuhe oder meinen Hut verspeisen werde.

In welcher Form werden Sie denn Ihre Zeitungskolumne zu sich nehmen?

Ich habe mich mit Victor Albisu, dem Koch des Washingtoner Restaurants "Del Campo" zusammengetan. Victor hat ein Acht-Gänge-Menü entworfen: Es gibt Tacos, in Zeitungspapier geräuchertes Lamm und auch der Kaffee wird durch Zeitungspapier gefiltert. Tom Sietsema, unser Gastrokritiker, wird mit mir gemeinsam alles probieren und beurteilen. Dazu trinken wir Trump-Wein - und auf der Facebook-Seite der Washington Post wird alles übertragen.

Eine Studie ergab jüngst, dass jeder fünfte US-Journalist in New York, Los Angeles und Washington wohnt. Haben die Reporter den Bezug zu den Normalbürgern verloren?

Von diesem oft gemachten Vorwurf halte ich nichts, das erscheint mir zu simpel. Ich habe meine Vorhersage über Trump nicht anhand von Umfragen gemacht, es war vielmehr ein moralisches Argument. Ich glaube, dass die Amerikaner gute Menschen sind und letztlich nicht auf Trump hereinfallen werden. Aber ich bin zutiefst überrascht über das Ausmaß an Verbitterung im Land.

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