Interview:Deutsches Visum nur mit Fingerabdruck

Wolfgang Bosbach, Vizechef derCDU/CSU-Bundestagsfraktion will das Zuwanderungsgesetz nach den Terroranschlägen neu verhandeln. Er fordert im sueddeutsche.de-Interview eine erkennungsdienstliche Behandlung für Einwanderer.

Interview: Thorsten Denkler

sueddeutsche.de: Herr Bosbach, die Bundesregierung will das Zuwanderungsgesetz unter dem Eindruck der Terroranschläge in den USA offenbar vorerst verschieben. Kommt Ihnen das entgegen?

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Wolfgang Bosbach(CDU)

Bosbach: Ja und Nein. Alle Parteien sind der Auffassung, dass es beim Thema Zuwanderung und Integration einen erheblichen Novellierungsbedarf gibt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wenn die Bundesregierung sagt, dass sie das Gesetzesvorhaben verschiebt, weil aufgrund derTerroranschläge in den USA etwa im Bereich der inneren Sicherheit neue Prioritäten gesetzt werden müssten, dann habe ich dafür Verständnis. Ich glaube aber, die Regierung ist heilfroh, dass sie ihren Fahrplan nicht einhalten muss. Es gibt schließlich zum jetzigen Zeitpunkt einerseits große Unterschiede zwischen Innenminister Schily und den Grünen, andererseits zur Union.

sueddeutsche.de: Wird das Thema Zuwanderung jetzt zu einem großen Wahlkampfthema?

Bosbach: Alle Parteien werden ihre Zuwanderungs- und Integrationspolitischen Vorstellungen in den Wahlkampf einbringen, wenn es vorher nicht zu einem Gesetz kommt. Meine Hoffnung ist, dass dies so sachlich geschieht, wie wir in den letzten Wochen darüber gesprochen haben. Zuwanderung ist ein wichtiges, aber auch sensibles Thema. Wichtig ist, dass man der Versuchung widersteht, auf dem Rücken der Ausländer Parteipolitik zu machen.

sueddeutsche.de: Ihr Fraktionschef Friedrich Merz hat angekündigt, dass an die Ausgestaltung eines Zuwanderungsgesetzes neue Maßstäbe gesetzt werden müssten. Wo sehen Sie nach den Anschlägen zusätzlichen Änderungsbedarf?

Bosbach: Wir werden den Aspekt innere Sicherheit neu bewerten müssen. Ich will drei Punkte beispielhaft erwähnen. Erstens: Ich halte es für zumutbar, wenn wir Visa- Antragsteller nicht nur fotografieren, sondern von ihnen auch einen Fingerabdruck nehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass 80 Prozent der Asylantragsteller keine Papiere bei sich tragen. Zweitens müssen wir ausländische Straftäter schneller ausweisen können. Die gesetzliche Schwelle ist zu hoch. Sie muss deutlich gesenkt werden. Und Drittens: Wir müssen verhindern, dass sich unter dem Deckmantel der Humanität oder der Religionsfreiheit verfassungsfeindliche, extremistische oder terroristische Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland entfalten können.

sueddeutsche.de: In Hamburg haben zwei mutmaßliche Mittäter der Terroranschläge in den USA gewohnt. Wären diese beiden Männer mit einen Zuwanderungsgesetz nach Ihrem Zuschnitt gar nicht erst nach Deutschland gelangt?

Bosbach: Keiner kann in einer freiheitlichen Demokratie sagen, dass wir sicher sein können vor Kriminalität oder gar vor Anschlägen, wenn diese oder jene Maßnahme ergriffen würde. Ein freiheitlicher Rechtsstaat kann seinen Bürgern keinen hundertprozentigen Schutz bieten. Ich kann nicht sagen, dass eine ganz bestimmte gesetzliche Regelung oder Maßnahme den Vorgang aus Hamburg hätte verhindern können. Wir haben eine Fülle von extremistischen Organisationen in unserem Land, die ihreMitglieder aus Gruppen rekrutieren, die aus humanitären Gründen nach Deutschland einreisen konnten. So ist beispielsweise Herr Metin Kaplan, ein berüchtigter Islamistenführer, in Deutschland anerkannter Asylbwerber.

sueddeutsche.de: Der bayerische Innenminister Günther Beckstein will künftig bei jedem Einbürgerungsantrag eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz stellen.

Bosbach: Das halte ich für richtig. Wenn es dort Erkenntnisse geben sollte, kenne ich keinen Grund, warum diese nicht bei der Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag hinzugezogen werden sollten.

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