Interview des syrischen Präsidenten:USA halten Assad für perfide, machtlos - oder verrückt

Washington reagiert auf den Fernsehauftritt des syrischen Machthabers Assad mit harscher Kritik: Dessen Beteuerungen, mit dem Blutvergießen in seinem Land nichts zu tun zu haben, seien unglaubwürdig.

Die USA haben dem syrischen Präsidenten Baschar el Assad Realitätsverlust vorgeworfen. Zu Assads Interview, in dem er jede Verantwortung für die blutige Unterdrückung der Proteste in seinem Land zurückwies, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, der syrische Präsident habe entweder "jegliche Macht verloren oder sich komplett von der Realität abgekoppelt".

Syriens Staatschef Assad während des Interviews mit dem US-Sender ABC

Syriens Staatschef Assad während des Interviews mit dem US-Sender ABC

(Foto: AFP)

Es könne auch "Geringschätzung" sein oder "verrückt, wie er selbst sagt", fuhr Toner fort. In jedem Fall aber halte Washington an seiner Position fest, dass Assad alle Glaubwürdigkeit verloren habe und zurücktreten müsse.

Ähnlich äußerte sich das Weiße Haus. Assad sei "nicht glaubwürdig", sagte Präsidialamtssprecher Jay Carney in Washington. Die USA und viele andere Länder, die die brutale Gewalt des Assad-Regimes verurteilt hätten, wüssten genau, was geschehen sei und wer dafür verantwortlich sei.

In dem am Mittwoch ausgestrahlten Interview mit dem US-Sender ABC News hatte der syrische Präsident darauf beharrt, den Tod von tausenden Zivilisten bei der Niederschlagung der Proteste nicht befohlen zu haben. "Keine Regierung der Welt ermordet ihr eigenes Volk, es sei denn, sie wird von einem Verrückten geführt", betonte er.

US-Außenamtssprecher Toner sagte dazu, es gebe eine "deutliche Kampagne gegen friedliche Demonstranten", für die "Assad und seine Kumpane" letzten Endes zur Rechenschaft gezogen würden. Die Berichte über die Gewaltanwendung gegen das syrische Volk seien "glaubwürdig und schockierend".

Neue Gewalt, noch mehr Tote

In Syrien geht das Blutvergießen unvermindert weiter. Die syrische Revolutionsbewegung meldete, am Mittwoch seien weitere acht Menschen getötet worden. Darunter sollen vier Männer aus der Stadt Homs gewesen sein, die zu Tode gefoltert wurden, sowie ein Deserteur.

In der Provinz Idlib sei es zu Gefechten zwischen Deserteuren und Regierungstruppen gekommen. Zugleich teilten staatliche syrische Medien mit, Grenzschützer hätten an der Grenze zur Türkei eine Gruppe von 35 "Terroristen" abgefangen. Die bewaffneten Extremisten hätten in der Nacht zum Dienstag versucht, auf syrisches Staatsgebiet vorzudringen, meldete die Nachrichtenagentur Sana am Mittwoch. Nach einem Schusswechsel mit den Grenzwächtern hätten sie sich jedoch zurückziehen müssen. Eine Bestätigung von unabhängiger Seite gab es für diesen Bericht nicht.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU) sprach im Deutschlandradio Kultur von einem Abgleiten des Landes in einen Bürgerkrieg.

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