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Interpol:Interpol löscht Fahndungsmeldung nach Doğan Akhanlı

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Die internationale Polizeiorganisation Interpol hat den Suchauftrag nach dem deutschen Schriftsteller Doğan Akhanlı gelöscht. Der Fall hatte die Spannungen zwischen Ankara und Berlin weiter verschärft.

Der in der Türkei geborene Autor war auf der Grundlage einer "Red Notice" während eines Spanienurlaubs vorübergehend festgenommen worden. Derzeit entscheiden spanische Behörden darüber, ob Akhanlı an die Türkei ausgeliefert wird - bis dahin darf er sein Urlaubsland nicht verlassen. Außerdem muss er sich einmal wöchentlich bei den Behörden melden; sein Pass wurde eingezogen.

Das Auswärtige Amt freut sich über die Löschung

Die Bundesregierung und das Auswärtige Amt hatten sich daraufhin dafür eingesetzt, dass Spanien von einer Auslieferung Akhanlıs an die Türkei absieht. Welche Auswirkungen die Löschung auf den Fall hat, ist unklar. Interpol erklärte am Abend auf Anfrage, die Organisation äußere sich nicht zu einzelnen Fällen.

"Wir freuen uns, dass Interpol die "Red Notice" gegen Doghan Akhanli gelöscht hat", hieß es am Freitagabend aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Staatssekretär Walter Lindner stehe deswegen mit seinem spanischen Kollegen in Kontakt.

Akhanlı ist in der Türkei wegen eines Jahrzehnte zurückliegenden Raubmords angeklagt: Ihm wird vorgeworfen, als Kopf einer linksextremen Gruppe im Jahr 1989 eine Istanbuler Wechselstube überfallen und den Besitzer getötet zu haben. Augenzeugen sagten, dass er nicht der Täter gewesen sei. Kritiker sehen die plötzliche Wiederaufnahme des Falls als politisch motiviert an - in der Vergangenheit hatte Akhanlı immer wieder die türkische Regierung und deren Umgang mit dem Völkermord an den Armeniern kritisiert.

Hintergrund: Red Notice

Mit einer "Red Notice" kann ein Land dazu auffordern, eine gesuchte Person ausfindig zu machen und vorläufig festzunehmen. Interpol gibt diese Ersuchen international weiter. Es handelt sich nicht um einen Suchauftrag im Namen von Interpol selbst und auch nicht um einen internationalen Haftbefehl. Die Polizeiorganisation steuert lediglich die länderübergreifende Kooperation.

Das heißt, jedes Land entscheidet selbst, wie es mit einem Fall umgeht. Allerdings muss auch Interpol Suchaufträge prüfen. Laut Artikel 3 des Interpol-Statuts ist "jede Betätigung oder Mitwirkung in Fragen (...) politischen, militärischen, religiösen oder ethnischen Charakters" untersagt. Damit soll verhindert werden, dass die Organisation zur Verfolgung von Regimegegnern missbraucht wird. Auch Suchaufträge müssen diesem Grundsatz entsprechen. Liegen die Voraussetzungen für die Veröffentlichung einer "Red Notice" nicht (mehr) vor, muss Interpol diese löschen.

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