Internet:Betreiber von Wlan-Netzen haften nicht für Missbrauch

Der Bundesgerichtshof urteilt: Wer öffentliche Zugänge zum Internet anbietet, muss bei illegalen Downloads keinen Schadenersatz leisten.

Von WOLFGANG JANISCH, Karlsruhe

Die Reform sollte dem öffentlichen Wlan in Internetcafés, Hotels und auf Stadtplätzen endlich zum Durchbruch verhelfen - nun ist das Gesetz vom Oktober 2017 höchstrichterlich bestätigt worden. Wer über Wlan öffentlich einen Zugang zum Internet anbietet, ist von Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen wegen illegaler Downloads durch unbekannte Nutzer geschützt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem ersten Urteil nach Inkrafttreten der Neuregelung entschieden. Die sogenannte Störerhaftung, die als Haupthindernis einer Ausweitung öffentlicher Wlan-Hotpots galt, ist damit endgültig abgeschafft.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil die Novelle europarechtlich auf wackeligen Beinen stand; Kritiker bezweifelten, ob die Vorschriften der Unterhaltungsindustrie ausreichenden Rechtsschutz gegen Verletzung ihrer Urheberrechte gewährt. Der BGH beendete an diesem Donnerstag die Zweifel: Die Novelle sei mit EU-Recht vereinbar, denn sie biete genügend Möglichkeiten, um gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen.

Gemeint ist damit der Anspruch, Betreiber von Hotspots - aber auch von leitungsgebundenen Zugängen zum Anonymnetzwerk Tor - zu verpflichten, Sperren einzurichten, um den Missbrauch öffentlicher Internetzugänge einzudämmen. Das kann durch die Sperrung bestimmter Webseiten oder auch sogenannter Ports geschehen, die zum illegalen Datentausch genutzt werden, aber auch durch eine Registrierungspflicht für Nutzer, durch eine Verschlüsselung des Zugangs durch ein Passwort oder, im Extremfall, sogar durch die Sperrung des Zugangs.

Wie stark dieser Anspruch auf Sperrung, mit dem die Unternehmen nun gegen Anbieter vorgehen können, am Ende doch wieder die Offenheit von Wlan-Hotspots beeinträchtigt, werden wohl erst weitere Gerichtsverfahren ergeben. "Das wird auf eine Einzelfallrechtsprechung hinauslaufen", prognostiziert Rechtsanwalt Carl Christian Müller, dessen Berliner Kanzlei seit Jahren von Abmahnungen betroffene Internetnutzer vertritt. Laut BGH zieht das rechtswidrige Herunterladen von Musik oder Spielen keineswegs automatisch einen Sperrungsanspruch nach sich. Vielmehr müssten die Grundrechte aller Beteiligten gegeneinander abgewogen werden, erläuterte der BGH-Vorsitzende Thomas Koch. Es geht also nicht nur um den Schutz des geistigen Eigentums, sondern auch um die Rechte der Wlan-Anbieter - und vor allem um das Interesse der Allgemeinheit an einer weitverbreiteten Wlan-Infrastruktur, ein Interesse, das mit der Neuregelung ausdrücklich unterstützt wird. Im konkreten Fall wird sich nun das Oberlandesgericht Düsseldorf mit dem Thema Sperre befassen müssen; dorthin hat der BGH den Fall zurückverwiesen. Der Kläger betrieb fünf ungesicherte Wlan-Hotspots, darüber hatte ein Unbekannter 2013 verbotenerweise ein Computerspiel angeboten - worauf der Kläger abgemahnt wurde. Auf den Abmahnkosten bleibt er nun sitzen; denn 2013 galt noch die alte Rechtslage.

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