Süddeutsche Zeitung

Internationaler Gerichtshof:Israel wird Urteil gegen Sperranlage ignorieren

Verbindlich für Israel seien nur Entscheidungen des eigenen höchsten Gerichts, sagte der israelische Justizminister Lapid vor der Verlesung des Rechtsgutachtens, das die Anlage als völkerrechtswidrig bezeichnet. Israel müsste gemäß dem Urteil die Sperre abbauen und für verursachte Schäden zahlen.

In dem vorab bekanntgewordenen Dokument des Gerichts heißt es, die von Israel gewählte Route beeinträchtige stark die Rechte der Palästinenser. Diese Beeinträchtigungen seien nicht durch Erfordernisse der nationalen Sicherheit Israels gerechtfertigt. Die palästinensischen Grundstückseigentümer, deren Land zum Bau der Sperranlage enteignet worden seien, müssten entschädigt werden.

Israel beharrt auf Verhandlungslösung

Israel hatte bereits angeküdigt, das Urteil des gerichts nicht anzuerkennen. Es spricht dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag die Zuständigkeit in der Frage der umstrittenen Sperranlage im Westjordanland ab. Der IGH habe "keine Gerichtsbarkeit" in dieser Sache, sagte Regierungssprecher Avi Pasner.

Es obliege allein Israel und den Palästinensern, im Rahmen einer Friedensvereinbarung über die Sperranlage zu reden. Israel sei zu dieser Diskussion bereit, wenn es nach dem geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen zu Verhandlungen komme.

Palästinenser hoffen auf internationalen Druck

Der Internationale Gerichtshof wollte am Nachmittag sein Urteil über die umstrittene Anlage verkünden. Obwohl der Spruch nicht bindend ist, könnte er die internationale öffentliche Meinung maßgeblich beeinflussen. Die UN-Vollversammlung hatte die Richter beauftragt, ein Gutachten über die völkerrechtlichen Konsequenzen des Bauwerks zu erstellen.

Die Palästinenser hatten gehofft, dass das Gericht einen Verstoß gegen das Völkerrecht erkennen würde, da Israel Sperranlagen auf 1967 eroberten Gebieten baut. Dabei handle es sich um Landraub, argumentieren sie. Die palästinensische Seite bezeichnete die Anlage als eine "Mauer der Apartheid".

Der israelische Staat verteidigt die Anlage hingegen als "Anti-Terror-Zaun". Nach Ansicht Israels hat die aus Zäunen, Gräben und Mauern bestehende Sperranlage bereits jetzt die Sicherheit des jüdischen Staates verbessert. Bislang hat Israel rund 200 Kilometer von den geplanten 730 Kilometern der Sperranlage fertig gestellt.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte, das Urteil ignoriere vollkommen den palästinensischen Terror. Es werde nur über die Auswirkungen der Anlage und nicht die Gründe für ihren Bau gesprochen. Man dürfe dabei nicht vergessen, dass es sich nur um ein nicht verbindliches Gutachten und keine Verurteilung handele.

Die Entscheidung ist offenbar mit 14 Richterstimmen gegen das Votum des amerikanischen Richters ergangen. Dem Richtergremium gehört auch der deutsche Völkerrechtler Bruno Simma an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.915198
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dpa/AP/AFP
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.