Internationaler Fußball:Neuer Ärger für Gianni Infantino

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Der umstrittene Fifa-Präsident machte 2015 falsche Angaben zum Grund einer New-York-Reise. Besprach er sich dort heimlich mit der US-Justiz?

Von Johannes Aumüller, Claudio Catuogno und Thomas Kistner

Wenige Tage vor Beginn der Fußball-WM in Katar steht der Präsident des Weltverbandes Fifa, Gianni Infantino, erneut im Zentrum von Ungereimtheiten. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung flog der Schweizer in seiner früheren Funktion als Generalsekretär des Europaverbandes Uefa im Oktober 2015 nach New York und täuschte die Uefa über den wahren Zweck der Reise. In den Verbandsbüchern ist der Kurztrip mit der Teilnahme Infantinos an dem Vorstandstreffen eines Uefa-Partners begründet. Laut Unterlagen, die der SZ vorliegen, fand dieses Meeting aber am Vorabend der Reise im Video-Format statt - und Infantino war aus der Schweiz zugeschaltet.

Mehrere involvierte Personen geben im Gespräch mit der SZ an, Infantinos Reise habe im Zusammenhang mit den Ermittlungen der US-Justiz zu anrüchigen Geschäftspraktiken im Weltfußball ("Fifa-Gate") gestanden. Unter anderem sei ein fragwürdiger Rechtevertrag Thema gewesen, den Infantino Jahre zuvor als Uefa-Direktor mit zwei südamerikanischen Rechtehändlern geschlossen hatte, gegen die 2015 in New York ermittelt wurde. Diesen Vertrag hatte die SZ im April 2016 im Rahmen der "Panama Papers" enthüllt: Die Uefa hatte Fernsehrechte günstig an eine Briefkastenfirma weitergegeben, deren Besitzer damit mehrere Hunderttausend Dollar Gewinn machten. Unterschrieben hatte den Vertrag Infantino.

Der 52-Jährige äußerte sich auf wiederholte Anfragen der SZ nicht zu seiner Reise nach New York, auch nicht zum falsch angegebenen Reisegrund oder zu möglichen Justizkontakten. Der Rechtedeal - den er selbst als korrekt darstellt - blieb für Infantino letztlich folgenlos. Die Schweizer Justiz ermittelte nur gegen unbekannt, verzichtete auf eine Einvernahme Infantinos und stellte das Verfahren ein. Doch die neue Aktenlage rund um den New-York-Flug wirft nun ein neues Schlaglicht auf das Verhältnis zwischen Infantino und den USA.

Infantino war der große Profiteur des Fifa-Gate-Skandals. Nach der skandalumwitterten Vergabe der WM 2022 an Katar hatten die US-Behörden ihre Ermittlungen im Kampf gegen skandalöse Zustände im Weltfußball verschärft; Höhepunkt war eine Verhaftungswelle im Mai 2015. In der Folge wurden der damalige Fifa-Präsident Sepp Blatter und dessen designierter Nachfolger Michel Platini suspendiert. Nur dadurch war der Weg frei für Infantino, der seit Februar 2016 an der Spitze der Fifa steht. Die Fifa wiederum kürte unter Infantinos Führung die USA zusammen mit Mexiko und Kanada zum Ausrichter der Fußball-WM 2026. Die Fifa beteuert, dabei sei alles korrekt gelaufen. Zugleich ist aber spürbar, dass die angekündigten Aufräumarbeiten der US-Justiz rund um den Weltfußball seit dieser Vergabe deutlich nachgelassen haben.

Infantinos Fifa-Präsidentschaft ist geprägt von Skandalen. Aktuell ermitteln Sonderstaatsanwälte der Schweizer Justiz wegen mehrerer Geheimtreffen mit dem früheren Bundesanwalt sowie wegen eines 200 000 Dollar teuren Privatjet-Fluges im Jahr 2017, für den Infantino ebenfalls einen falschen Grund angegeben hatte. Infantino bestreitet jedes Fehlverhalten.

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