Militärparaden waren im Kalten Krieg ein beliebtes Mittel der wortlosen Kommunikation zwischen Ost und West. Die Sowjets etwa ließen ihre neuesten Raketen über den Roten Platz defilieren - in der zutreffenden Annahme, dass die US-Geheimdienste die Fotos akribisch analysieren würden. Das Regime in Nordkorea, noch immer im Denkmodus der Blockkonfrontation gefangen, pflegt dieses Imponiergehabe bis heute.
Bei Paraden zeigt Nordkorea sein Raketenarsenal, darunter auch die BM-25. Neunzehn dieser Geschosse sollen an Iran verkauft worden sein.
(Foto: dpa)Und so wurde beim jüngsten Aufmarsch der Volksarmee am 10. Oktober in Pjöngjang nicht nur Kim Jong Un, der Sohn von Machthaber Kim Jong Il, den Massen und der Welt präsentiert, sondern auch eine imposante Rakete, die wahlweise unter der Bezeichnung Musudan oder dem Kürzel BM-25 firmiert.
Zu unverhoffter Prominenz gelangte der Flugkörper aber erst jüngst, als die New York Times, basierend auf einer Depesche aus dem Wikileaks-Fundus berichtete, Iran verstärke sein Arsenal mit Hilfe aus Nordkorea. Teheran habe 19 dieser Raketen von Nordkorea erhalten, gibt der Bericht vom 24. Februar 2010 die amerikanische Einschätzung wieder.
In ihm resümiert Vann H. Van Diepen, ein hoher Beamter des US-Außenministeriums, ein Treffen mit einer russischen Delegation aus dem Dezember 2009. Moskaus Experten, auch das steht im Text, halten Berichte über die Rakete aber "eher für politische Literatur als technische Fakten", kurz, es sei "eine Frage, ob das System überhaupt existiert".
Die Amerikaner tendieren zum Wort-Case-Szenario
Diese Zweifel scheinen durch die Parade von Pjöngjang nachträglich widerlegt zu sein. Doch was dort auf mächtigen Lastwagen zur Schau gestellt wurde, waren offensichtlich - wie üblich - Attrappen. Einen Testflug der Rakete dagegen, der einen belastbaren Beweis erbrächte, hat bis dato niemand beobachtet.
Die Amerikaner tendierten wohl zum Worst-Case-Szenario - nicht zuletzt aus politischen Gründen. Die beiden Delegationen rangen nämlich um eine gemeinsame Einschätzung der Bedrohung durch Raketen aus Iran und Nordkorea. Sie sollte als Grundlage für Diskussionen darüber dienen, ob die von den USA vorangetriebene Raketenabwehr nötig sei.
Moskau dagegen hat großes Interesse, die Geschichte kleinzuhalten - nicht nur, weil es den Raketenschild skeptisch sieht. Die Russen haben stets versichert, nie Komponenten für weitreichende Raketen weitergegeben zu haben. Die BM-25 bringt sie aber in Erklärungsnot. Denn sie sieht der nuklear bestückten U-Boot-Waffe R-27 aus dem sowjetischen Arsenal, in der Nato SS-N 6 Serb genannt, verdächtig ähnlich - nur dass Nordkoreas Variante fast drei Meter länger ist.