Internationale Politiker des Jahres 2011:Rettet Europa, rettet die Welt!

2011 war ein turbulentes Politik-Jahr: Tauwetter in Birma, Frühling in Arabien und ein heißer Herbst in Europa. Nicht nur der Euro, nein, die gesamte EU musste gerettet werden. Welcher Politiker hat 2011 die beste Figur abgegeben? Stimmen Sie ab!

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Quelle: REUTERS

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Giorgios Papandreou wird als Krisenpremier in die Geschichte Griechenlands eingehen. Ob es die Geschichtsschreiber allerdings gut mit ihm meinen, das wird erst die Zukunft zeigen. Unter dem Druck der drohenden Staatsinsolvenz hat Papandreou den Bürgern massive Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen aufgezwungen. Damit sicherte er Griechenland Hilfen der Europäischen Partner und des Internationalen Währungsfonds und wendete so die Pleite des Landes vorerst ab. Doch die Griechen hat er mit den Reformen gegen sich aufgebracht: Den ganzen Sommer über protestierten Hunderttausende enttäuschter Menschen gegen das Spardiktat Papandreous, immer wieder legten die Gewerkschaften mit Generalstreiks das öffentliche Leben lahm, immer wieder kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen. Am Ende konnte sich Papandreou nicht mehr halten. Nun soll mit Lucas Papademos ausgerechnet der Mann, der als Architekt des griechischen Euro-Beitritts gilt, Griechenland aus der Euro-Krise führen.

Raimon Klein

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Quelle: AFP

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David Cameron hat ein bewegtes Jahr hinter sich. Endlich hinter sich, wird sich der britische Premier wahrscheinlich denken, denn 2011 hielt nicht allzu viel Erfreuliches für ihn bereit. Im Abhörskandal um die Zeitung News of the World geriet Cameron erstmals gehörig unter Druck, als bekannt wurde,  dass der frühere Chefredakteur des Boulevardblatts später für ihn gearbeitet hatte. Als dann Anfang Dezember "Merkozy", die deutsch-französische EU-Doppelspitze, beim Gipfel in Brüssel weitreichende Vertragsänderungen durchdrücken wollten, sah sich Cameron gezwungen, sein Veto einzulegen. Denn er weiß: Ohne den EU-kritischen Teil seiner Partei kann er keine Wahlen gewinnen. Sein einfaches Kalkül: In der Heimat Punkte sammeln. Doch ob das gut geht, ist keineswegs sicher. Denn gerade die britische Wirtschaft, die Cameron vorgeblich vor dem Einfluss der EU schützen will, beklagt, dass die Regierung ihren Einfluss auf den wichtigsten Markt der Briten aus der Hand gibt.

Sebastian Gierke

Rachid Ghannouch

Quelle: AP

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Vom Westen wird er argwöhnisch beäugt, gleichzeitig verkörpert der Tunesier Rachid Ghanouchi für viele Nordafrikaner die Hoffnung auf Demokratie in der arabischen Welt. Seine Partei En-Nahda, die als gemäßigt islamistisch eingestuft wird, etablierte sich nach dem Sturz von Diktator Ben Ali als stärkste politische Kraft in Tunesien und siegte bei den ersten freien Parlamentswahlen nach dem Arabischen Frühling. Auf der anderen Seite enttäuschte Ghanouchi wohl die Hoffnung mancher Europäer, dass nach der arabischen Revolution säkulare Demokratien nach westlichem Vorbild entstehen. Ghanouchi ist mit dem Versprechen angetreten, die brachliegende Wirtschaft anzukurbeln, die Korruption zu bekämpfen und die Freiheitsrechte zu wahren.

Raimon Klein

ITALY-POLITICS-PARLIAMENT-VOTE-BERLUSCONI

Quelle: AFP

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Zehn Jahre hat Silvio Berlusconi Italien als Ministerpräsident seinen ganz besonderen Stempel aufgedrückt: In seiner Regierungszeit häufte das Land insgesamt 1900 Milliarden Euro Schulden an, es steht dank ihm für Finanzkrise, Korruption, staatlich gelenkte Medien, Bürokratie, Jugendarbeitslosigkeit. Darüber hinaus hat Berlusconi sich und die italienische Politik lächerlich gemacht mit seinem Macho-Gehabe, seinen Frauengeschichten und Bunga-Bunga-Partys. Am 12. November 2011 ist der 75-jährige Milliardär vom Amt des Premiers zurückgetreten, nachdem der Druck auf ihn auch in seiner eigenen Partei zu groß geworden ist.

Markus Schulte von Drach

Russian President Dmitry Medvedev Attends EU-Russia Summit

Quelle: Bloomberg

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2011 wurde aus Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso Mr. Euro-Bonds: Immer wieder sprach sich der Portugiese vehement für die Einführung von Gemeinschaftsanleihen aller Euro-Länder aus. In der vielleicht größten Krise der Europäischen Union ging es dem Chef der Kommission aber nicht nur um die Sache, also die Rettung des Euros und der Schuldenstaaten, sondern auch um die Macht seiner Institution. Die zu stärken ist Barroso aber so wenig gelungen wie sich mit seiner Idee, den Euro-Bonds, durchzusetzen. Das wiederum lag vor allem an Bundeskanzlerin Merkel. Die ließ kaum eine Gelegenheit aus zu sagen, was sie von dieser Idee hält: Gar nichts. Mittlerweile hat der Portugiese erkannt, dass Euro-Bonds derzeit nicht vermittelbar sind und verkauft die gemeinsamen Anleihen nun nicht mehr als kurz- sondern als langfristiges Instrument zur Stärkung der Währungsunion. Das Verhältnis zu Kanzlerin Merkel gilt als zerrüttet.

Raimon Klein

Euro Leaders Continue Crisis Talks

Quelle: Bloomberg

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Auch Jean-Claude Juncker, Premierminister von Luxemburg und ständiger Vorsitzender der Euro-Gruppe, ist während der Euro-Krise nicht zum besten Freund der Kanzlerin geworden. Er bezeichnete die Außenwirkung des Euro-Krisenmanagements als desaströs und kritisierte die Kräfteverhältnisse bei der Euro-Rettung: "Es reicht nicht, wenn Deutschland und Frankreich sich einig sind". Juncker treibt aber vor allem den Umbau der Euro-Gruppe an: Vor dem Eurozonen-Gipfel Ende Oktober in Brüssel mahnte er schnelle Änderungen der EU-Verträge an, notfalls auch ohne Rücksichtnahme auf die Nicht-Euro-Länder. Nach seinen Vorstellungen soll die Euro-Gruppe zu einer Art Wirtschaftsregierung ausgebaut werden, um den Euro zu stabilisieren und Krisen zu verhindern. Dieser Umbau bedeutet gleichzeitig den Abschied von Monsieur Euro. Spätestens Mitte 2012, nach Ablauf seiner Amtszeit, will Juncker seinen Vorsitz an Wunschnachfolger Herman Van Rompuy übergeben.

Raimon Klein

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Quelle: AFP

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Christine Lagarde hat Übung darin, Erste zu sein: Sie war die erste Chefin einer der größten Anwaltskanzleien in den USA und die erste Finanz- und Wirtschaftsministerin Frankreichs. Seit Juli 2011 steht sie als erste Frau dem mächtigen Internationalen Währungsfonds (IWF) vor. Der 55-Jährigen wird nicht nur Intelligenz, Disziplin, Teamgeist und Verhandlungsgeschick nachgesagt, sondern auch eine gehörige Portion Charme. Mit dem bringt sie selbst den deutschen Finanzminister Schäuble zum Strahlen. Ihren tadellosen Ruf trüben Ermittlungen der französischen Justiz wegen des Verdachts auf Veruntreuung öffentlicher Gelder. Doch die zweifache Mutter gibt sich kämpferisch, sie habe ein reines Gewissen.

Katarina Lukac

Obama calls on Republicans to extend the payroll tax cut  in Washington

Quelle: REUTERS

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Die Wirtschaft kommt nicht in Gang, die Arbeitslosigkeit bleibt hoch, erstmals steht die Kreditwürdigkeit der USA in Zweifel und dazu üben die Republikaner Fundamental-Opposition: Barack Obamas drittes Jahr als US-Präsident war kein leichtes. Wichtige Erfolge konnte der Friedesnobelpreisträger mit dem Tod von Osama Bin Laden sowie mit dem vollständigen Truppenabzug aus dem Irak verbuchen. Die Staatspleite konnte er - wenn auch nach monatelangem Hickhack - in allerletzter Minute verhindern. Immerhin: Seine Zustimmungsraten, die zwischenzeitlich unter denen von George W. Bush lagen, haben sich zuletzt erholt. Das liegt wohl auch an dem jämmerlichen Bild, das die Kandidaten der Republikaner abgeben, die Obama 2012 als US-Präsident ablösen wollen.

Raimon Klein

Naoto Kan

Quelle: AP

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Letztlich wurde der Druck auf den japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan zu groß. Mit seinem Abgang endet auch die Hoffnung auf einen Neuanfang mit der Demokratischen Partei (DPJ). Im Sommer 2009 hatten die Japaner die liberaldemokratische Partei (LDP) abgewählt, die ihr Land seit dem Weltkrieg weder liberal noch demokratisch, sondern vor allem korrupt regiert hatte. Das zögerliche Krisenmanagement nach dem verheerenden Tsunami vom 11. März 2011 und das Kommunikationsdesaster rund um die anschließende Reaktorkatastrophe von Fukushima brachten Naoto Kan reichlich Kritik ein. Ende August erklärte der 65-Jährige seinen Rücktritt - und Japan erhielt mit Noda Yoshihiko seinen sechsten Regierungschef in fünf Jahren. Kan hatte nicht nur das Vertrauen der Bevölkerung, sondern auch den Rückhalt in der eigenen Partei verloren.

Benjamin Romberg

Aung San Suu Kyi

Quelle: AP

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Aung San Suu Kyi kann wieder lachen: Nachdem die Symbolfigur der Demokratiebewegung im vergangenen Jahr aus dem Hausarrest entlassen worden war, darf sie sich nun wieder frei im Land bewegen. Das Verbot ihrer Partei, der National League for Democracy, wurde aufgehoben und Suu Kyi kann sogar bei den Parlamentsnachwahlen im kommenden Jahr antreten. Diese Signale haben international die Hoffnung genährt, dass die seit Jahrzehnten regierende Militärjunta sich langsam bewegt. Von "Tauwetter" ist die Rede, spätestens seit Hillary Clinton Anfang Dezember in das Land gereist ist. Es war die erste Reise eines ranghohen US-Vertreters in das abgeschottete südostasiatische Land seit mehr als 50 Jahren. Die US-Außenministerin sprach von einem "Flackern des Fortschritts". Dieses Flackern hat nur eine Chance, wenn, da sind sich alle Beobachter einig, die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi an der Spitze der Reformbewegung steht.

Raimon Klein

Sarkozy und wie ihn die Welt sieht

Quelle: dapd

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Seine stärksten Momente hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in diesem Jahr bei EU-Gipfeln. Viele davon hat er zusammen mit seiner neuen Lieblingspartnerin, Kanzlerin Angela Merkel, zusammengetrommelt. Auf einem dieser Gipfel schnauzte er den britischen Premierminister David Cameron an: "Sie haben eine gute Gelegenheit verpasst, einfach mal die Klappe zu halten!" Pluspunkte dürfte Sarkozy auch sein Einsatz in Libyen gebracht haben. Er schmiedete die Koalition gegen Gaddafi, die schließlich den Rebellen zum Sieg gegen den Despoten verholfen haben, ohne, dass ein französischer Soldat dabei ums Leben kam. Dennoch haben viele Franzosen genug von ihrem Präsidenten. Das liegt wohl vor allem an der wenig erfreulichen ökonomischen Entwicklung der Grande Nation: Seit Sarkozy Präsident geworden ist hat sich die Zahl der Arbeitslosen um mehr als eine Million erhöht. 2012 will Sarkozy wiedergewählt werden - in Umfragen liegt er jedoch hinter dem sozialistischen Herausforderer François Hollande.

Sebastian Gierke

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Quelle: AP

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In Liberia ist sexuelle Gewalt gegen Frauen an der Tagesordnung. Mit Ellen Johnson-Sirleaf steht aber seit fünf Jahren eine Frau an der Spitze des Staates, die ihr politisches Wirken dem Kampf für Frauenrechte und gegen Vergewaltigungen verschrieben hat. Dafür wurde sie in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis (zusammen mit der liberianischen Menschenrechtlerin Leymah Gbowee und Tawakkul Karman aus dem Jemen) ausgezeichnet. Im eigenen Land ist sie jedoch umstritten, Kritiker werfen ihr Kontakte zum früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor vor, der wegen Kriegsverbrechen in Sierra Leone in Den Haag vor Gericht steht. Eine zweite Amtszeit schien lange fraglich, doch die Auszeichnung aus Oslo verlieh der Präsidentin im Wahlkampf möglicherweise Auftrieb. Johnson-Sirleaf gewann dann die Präsidentschaftswahl in der zweiten Runde. Allerdings hatte Herausforderer Winston Tubman der Nobelpreisträgerin im ersten Wahlgang Betrug vorgeworfen, seine Kandidatur zurückgezogen und zu einem Boykott der Stichwahlen aufgerufen.

Raimon Klein

Vigil Held After Twin Attacks By Lone Extremist

Quelle: Getty Images

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Das Attentat von Utoya und Oslo war für Norwegen die schlimmste Katastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg. So hat es jedenfalls Jens Stoltenberg beschrieben. Der norwegische Ministerpräsident hat Größe bewiesen, nachdem Anders Breivik 77 Menschen in den Tod gerissen und das gesamte Land in einem Schockzustand versetzt hat. Vielen wird seine Rede bei dem Trauergottesdienst zwei Tage nach den Attentaten in Erinnerung bleiben. "Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit." Die Norweger sind ihrem Regierungschef gefolgt.

Raimon Klein

Russian PM Putin gestures during a televised question and answer session in Moscow

Quelle: REUTERS

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Für Russlands Regierungschef Wladimir Putin läuft eigentlich alles nach Plan: Die Parlamentswahlen Anfang Dezember 2011 hat Putins Partei Einiges Russland gewonnen. Ende September wurde er von Kremlchef Dmitrij Medwedjew als Kandidat für die Präsidentenwahl im kommenden Jahr vorgeschlagen. Putin wird dann wohl eine Ära fortsetzen, die eigentlich gar nicht richtig beendet war - er kandidiert schließlich für ein Amt, das er schon von 2000 bis 2008 ausübte. Aber die Proteste Zehntausender Russen nach der offensichtlichen Wahlfälschung haben seiner Kandidatur einen Dämpfer versetzt. Dass Putin im kommenden März für eine auf sechs Jahre verlängerte Amtszeit gewählt wird, daran zweifelt allerdings kaum ein Russe.

Raimon Klein

© sueddeutsche.de/rai
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