Internationale Politik:Berliner Appell

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Ann Linde, Schwedens Außenministerin, mit ihrem deutschen Amtskollegen Heiko Maas in Berlin. Dort traf sich die Stockholm-Initiative für nukleare Abrüstung. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

"Jetzt ist die Zeit zu handeln": Eine Gruppe von 16 Staaten, darunter Deutschland und Schweden, fordert die Atommächte zur Abrüstung auf. Außenminister Heiko Maas warnt vor einer "Auflösung der nuklearen Ordnung".

Von Daniel Brössler, Berlin

Mit einem gemeinsamen Appell zur nuklearen Abrüstung wollen 16 Staaten aus verschiedenen Erdteilen die Atommächte unter Druck setzen. "Jetzt ist die Zeit zu handeln, um nukleare Risiken zu verringern", heißt es in einer am Dienstag in Berlin verabschiedeten Erklärung der Außenminister Schwedens, Deutschlands, Argentiniens, Japans, Jordaniens, Südkoreas, Neuseelands und neun weiterer Länder. Die Kernwaffenstaaten werden "zu maximaler Transparenz im Hinblick auf ihre Kernwaffenbestände sowie zu nuklearer Zurückhaltung auf höchster politischer Ebene" aufgerufen. Alle Staaten müssten "darauf verzichten, in ein neues Wettrüsten einzutreten". Der Appell geht auf die von Schweden im vergangenen Jahr ins Leben gerufene "Stockholm-Initiative" für nukleare Abrüstung zurück.

Außenminister Maas warnt vor einer "Auflösung der nuklearen Ordnung"

"Wir wollen den Stillstand in der nuklearen Abrüstung überwinden", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Er verwies darauf, dass die USA sich 2018 aus der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran zurückgezogen hätten und der INF-Vertrag zur nuklearen Rüstungskontrolle 2019 wegen russischer "Vertragsuntreue" ausgelaufen sei. Damit sei "ein Stück Sicherheit in Europa verloren gegangen". Wenn die Welt diesen Weg weitergehe, drohe die "Auflösung der nuklearen Ordnung". Die Welt befinde sich "in einem entscheidenden Moment, um den negativen Trend umzukehren", sagte die schwedische Außenministerin Ann Linde. Man suche die Unterstützung weiterer Länder, auch der Atomstaaten.

Im Zentrum der Initiative steht der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), der im April zur Überprüfung ansteht. "Die Rüstungskontrollarchitektur, die der internationalen Sicherheit gute Dienste geleistet hat und weiterhin leisten muss, bricht auseinander, Beziehungen zwischen Staaten sind von immer größeren Spannungen geprägt, und neue und in der Entstehung begriffene Waffentechnologien bergen Gefahren", heißt es in der Erklärung. Man sei geeint in der "Entschlossenheit, angesichts besorgniserregender Entwicklungen den NVV zu stärken". An die USA und Russland appellierte die Gruppe, den START-Vertrag zur Reduktion atomarer Arsenale zu verlängern und Möglichkeiten für seine Ausweitung zu erörtern. Die nukleare Abrüstung sei nicht nur ein bilaterales Thema zwischen den USA und Russland, auch China gehöre "mit an den Tisch", betonte Maas.

Die Gruppe ruft "alle Kernwaffenstaaten auf, ihre Kernwaffenbestände zu reduzieren" und sich für die endgültige Einstellung von Kernwaffentests einzusetzen. Überwunden werden müsse die Blockade der Verhandlungen zum Verbot der Herstellung von spaltbarem Material für Kernwaffen. Mit einem 22-Punkte-Katalog wollen die Minister die nukleare Abrüstung vorantreiben. So sollen Atomstaaten die Notwendigkeit anerkennen, "sicherzustellen, dass Kernwaffen nie wieder eingesetzt werden" und ihre Kernwaffenbestände reduzieren. Errichtet werden sollen atomwaffenfreie Zonen in aller Welt. Maas bekannte sich zugleich zur nuklearen Mitverantwortung Deutschlands innerhalb der Nato. "Die nukleare Teilhabe ist ein Teil unserer Sicherheitsarchitektur und das wird sie auch bleiben", sagte er. Eine Welt ohne Nuklearwaffen bezeichnete der SPD-Politiker als "Fernziel".

© SZ vom 26.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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