International:WMO-Generalsekretär: Jugend nicht zu viel Angst machen

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Stärkere Regenfälle hatten die Flusspegel in Niedersachsen Anfang Februar steigen lassen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa (Foto: dpa)

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Genf (dpa) - Der Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO) fürchtet die Folgen "apokalyptischer Ängste" für die psychische Gesundheit junger Leute.

"Wir müssen vorsichtig sein, wie wir über die Ergebnisse der Wissenschaft berichten, über Kipppunkte, und ob wir über einen Kollaps der Biosphäre oder das Verschwinden der Menschheit sprechen", sagte Petteri Taalas am Montag zum Auftakt der Abschlussberatungen über den nächsten Bericht des Weltklimarats (IPCC), der am 28. Februar veröffentlicht wird. Der Bericht soll sich auch mit den Auswirkungen der Klimakrise auf die Psyche befassen.

"Wir müssen aufpassen, dass wir unter den jungen Menschen nicht zu viele Ängste auslösen", sagte Taalas. Die Beratungen über den Bericht finden online statt, Gastgeber ist die Bundesregierung. Taalas selbst ist nicht an dem Bericht beteiligt. Die WMO hatte den Weltklimarat 1988 aber zusammen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet. Das IPCC-Sekretariat befindet sich bei der WMO in Genf.

Berichte sind "Goldstandard"

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lobte das rigorose wissenschaftliche Fundament des Weltklimarats. "Die Berichte des Weltklimarats sind der Goldstandard", sagte sie. Deutschland unterstütze zwei Klimakompetenzzentren im westlichen und südlichen Afrika. Sie erforschten nötige Anpassungen, damit Menschen dort in ihrer angestammten Heimat weiter leben können. Die Anpassungen sind einer der Schwerpunkte des neuen Berichts. Er geht stärker als vorherige Berichte auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse ein.

In den nächsten zwei Wochen beraten Regierungen hinter verschlossenen Türen über eine etwa 30-seitige Zusammenfassung des neuen Berichts für politische Entscheidungsträger. Weil der Weltklimarat ein UN-Gremium ist, muss dieses Papier im Konsens verabschiedet werden. Details aus dem Bericht werden bis dahin unter Verschluss gehalten.

Der Ko-Vorsitzende der IPCC-Arbeitsgruppe, Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut, rechnete mit einigen kontroversen Debatten, wie er im Vorfeld sagte, etwa über die Risiken durch Nutzung fossiler Brennstoffe oder Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Dürreregionen. Länder, die am gleichen Fluss oder Gletscher liegen, hätten oft unterschiedliche Interessen.

Mehr als 34.000 Studien zusammengefasst

Der Zusammenfassung für die politischen Entscheidungsträger liegt ein wissenschaftlicher Bericht mit mehr als 1000 Seiten zugrunde. Zum Kernteam gehören 270 Autorinnen und Autoren aus 67 Ländern, darunter auch aus Deutschland. Sie haben die Ergebnisse von mehr als 34.000 Studien zusammengetragen.

Es ist der zweite von drei Teilen des neuen Sachstandsberichts, den der Weltklimarat seit 1988 etwa alle sieben Jahre veröffentlicht. Der ersten Teil über die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels erschien im August 2021. Im dritten Teil, der Anfang April veröffentlicht wird, geht es um politische, wirtschaftliche und technologische Optionen zur Minderung des Klimawandels.

Im ersten Teil hieß es, dass die globale Durchschnittstemperatur schon in den nächsten 20 Jahren den kritischen Wert von 1,5 Grad erreichen oder überschreiten könnte. Deutlich höhere Erwärmung habe katastrophale Folgen. Nach den internationalen Klimaabkommen soll eine Überschreitung der Schwelle durch Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen möglichst verhindert werden.

Die Umweltorganisation WWF erwartet von dem neuen Bericht eine ernüchternde und schonungslose Bilanz, wie Klimaschutzexpertin Viviane Raddatz in Berlin sagte: "In vielen Teilen der Welt stehen Menschen und Ökosysteme heute schon mit dem Rücken zur Wand. Und auch vor unserer eigenen Haustür haben Dürresommer, Sturzfluten, Waldbrände, Hitzewellen und Hochwasserkatastrophen die Klimakrise so greifbar gemacht wie nie zuvor." Der Klimaschutz müsse ab sofort höchste Priorität haben. Deutschland müsse die G7-Präsidentschaft nutzen, um die Staatengemeinschaft auf Kurs zu bringen: "Heißt: Raus aus Kohle, Öl und Gas - und zwar so schnell wie möglich!"

© dpa-infocom, dpa:220214-99-118691/3

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