Integrationspreis der Bundeskanzlerin:"Diese Apotheker zeigen, was möglich ist"

  • Das Programm "Apotheker für die Zukunft" gewinnt den Integrationspreis der Bundeskanzlerin.
  • Es bereitet Apotheker und Apothekerinnen aus Nicht-EU-Ländern auf Prüfungen vor, die sie bestehen müssen, um auch hierzulande arbeiten zu können.
  • Dadurch bringen sie viele in Arbeit, zum Beispiel Flüchtlinge.

Von Hannah Beitzer

Da ist zum Beispiel Shazaa A. In Syrien hat die junge Frau Pharmazie studiert, doch der Krieg machte es ihr unmöglich, dort zu arbeiten. Als auch noch die Apotheke ihres Mannes zerstört wurde, brach das Paar nach Deutschland auf. Das war 2015 - und keine drei Jahre später arbeitet Shazaa A. schon als approbierte Apothekerin in einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz.

Möglich gemacht hat diese beachtliche Laufbahn das Programm "IQ - Apotheker für die Zukunft" der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz und des Bildungsträgers "MIP - Medici in Posterum", das Apothekerinnen und Apotheker aus Nicht-EU-Ländern auf die anspruchsvollen Prüfungen vorbereitet, die sie bestehen müssen, um hier in ihrem Beruf arbeiten zu können. Dafür hat die Landesapothekerkammer nun den Integrationspreis der Bundeskanzlerin erhalten.

Auf dem Land gibt es zu wenige Apotheker

"Diese Apothekerinnen und Apotheker zeigen, was möglich ist. In Deutschland ankommen, seinen Platz finden und mitgestalten", sagt Annette Widmann-Mauz, Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt, zur Verleihung des Preises. "Apotheker für die Zukunft" eröffne aber nicht nur den Geflüchteten neue Perspektiven, es helfe auch der deutschen Gesellschaft. Denn gerade auf dem Land seien Fachkräfte knapp. "Je weiter sie von den akademischen Zentren weg liegen, desto schwerer finden sie Apotheker", sagt auch Joachim Thoss, der das Programm bei der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz verantwortet. "Unsere Leute aber gehen gerne hin."

56 ausländische Apothekerinnen und Apotheker haben bisher an den Kursen teilgenommen, die seit 2017 laufen. Davon sind 27 inzwischen approbiert. Ein Kurs dauert sechs Monate, die meisten Teilnehmer kommen aus Syrien, Ägypten, der Ukraine oder Bosnien-Herzegowina. Sie besuchen neben mehreren ganztägigen Fachwochenenden wöchentlich einen Kurs, in dem diese fachlichen Inhalte sprachlich und inhaltlich vertieft werden und machen parallel ein Praktikum in einer Apotheke. Außerdem hat jeder von ihnen einen ehrenamtlichen Tutor, der mit Ratschlägen und Kontakten aushilft.

Die Anforderungen in den Kursen sind hoch, erzählt Joachim Thoss. "Grundsätzlich nehmen wir nur Menschen auf, die schon einen akademischen Abschluss in ihrem Heimatland gemacht haben", sagt er. Dazu bräuchten sie ein Sprachniveau von B2. Das heißt, sie müssen sicher sprechen und komplexe Texte verstehen können. Zum Vergleich: Am Ende eines erfolgreichen Integrationskurses steht die Stufe B1.

Der Arbeitsalltag unterscheidet sich

Nicht zuletzt unterscheidet sich auch der Apothekerberuf von Land zu Land, in das deutsche System müssen die Teilnehmer erst hinein finden. "Zum Beispiel ist die deutsche Struktur des Apothekers als freier Heilberuf ziemlich einmalig", sagt Thoss. Dahinter stecke ein komplexes Regelwerk, das viele Teilnehmer von zuhause nicht kennen. Auch der Alltag als Apotheker unterscheidet sich. In Ländern wie Syrien übernähmen Apotheker häufiger einmal Aufgaben, die hierzulande nur Ärzten zu stehen: eine Spritze geben, eine Diagnose stellen. "Bei uns sind Behandlung und Arzneimittelversorgung streng getrennt", sagt Thoss.

Das Programm will den Apothekerinnen und Apothekern auch helfen, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. "Es ist nicht immer einfach, Arbeitgeber zu finden, die bereit sind, unsere Kursteilnehmer einzustellen", sagt Thoss. Vielen sei zum Beispiel gar nicht klar, wie sie einen Apotheker, der hier noch nicht approbiert ist, überhaupt einsetzen dürfen. Und klar, vereinzelt gebe es auch mal Probleme mit Kunden, die Vorurteile gegenüber Ausländern haben. "Aber das ist kein flächendeckendes Problem", versichert Thoss.

Shazaa A. jedenfalls arbeitet heute immer noch in der Apotheke, in der sie im Rahmen von "Apotheker für die Zukunft" ihr Praktikum begann.

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