Süddeutsche Zeitung

Integrationsgesetz:Wer den Sprachkurs schwänzt, darf nicht dauerhaft bleiben

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Die Regierung verschärft die Regeln für die Integration von Flüchtlingen. Doch Frauen und Kinder will die Regierung besser schützen.

Von Stefan Braun und Constanze von Bullion, Berlin

Wochenlang ging es hin und her, jetzt hat sich das Kabinett doch noch auf ein neues Integrationsgesetz verständigt. Dabei handelt es sich nicht um ein neues, umfassendes Einwanderungsgesetz, das vor allem die SPD seit Längerem fordert.

Mit dem Gesetz, das am Mittwoch vorgestellt wird, regelt das Kabinett die Details und Bedingungen für eine dauerhafte Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Dabei unterscheidet die Regierung schärfer als bisher zwischen Flüchtlingen, die sich sehr schnell integrieren wollen, also früh und erfolgreich Sprach- und Integrationskurse besuchen - und jenen, die eine Teilnahme an solchen Kursen ablehnen. Das ergibt sich aus der abschließenden Fassung des Gesetzes, die der Süddeutschen Zeitung  vorliegt.

Die Grundbotschaft soll offenbar lauten: Wer sich müht, wird unterstützt; wer sich verweigert oder bremst, muss mit schmerzhaften Konsequenzen rechnen. So bekommen Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive, also vor allem Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien, künftig leichter Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten und erhalten mehr Ausbildungsförderung. Voraussetzung ist, dass sie sich schnell integrieren, was vor allem an der Teilnahme an Kursen gemessen wird, aber auch an den Sprachfähigkeiten.

Nur wer gut integriert ist soll nach fünf Jahren die Niederlassungsfreiheit erhalten

Im Gegenzug müssen Flüchtlinge, die sich einer Teilnahme an Integrationskursen verweigern, mit harten Konsequenzen rechnen. So können ihnen künftig die Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gekürzt werden. Außerdem droht ihnen der Verlust aller Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland.

Das zeigt sich bei der Neufassung der Niederlassungsfreiheit. Sie soll künftig anerkannten Flüchtlingen nicht mehr voraussetzungslos erteilt werden und in der Regel auch nicht mehr nach drei Jahren erfolgen. Stattdessen soll auch sie an die Integrationsbereitschaft, ein festes Einkommen und eine eigene Wohnung gekoppelt werden.

Nur wer gut integriert ist und seinen Lebensunterhalt "weitgehend" selbst bestreiten kann, soll nach fünf Jahren die Niederlassungsfreiheit erhalten. Sie ist die umfassendste Form des Bleiberechts in Deutschland. Flüchtlinge, die ganz besonders schnell die Sprache erlernt und eine Arbeit gefunden haben, können sie nach drei Jahren bekommen. Flüchtlinge, die auch nach Jahren nicht ein Mindestmaß an Sprache vorweisen, werden nicht auf ein dauerhaftes Bleiberecht hoffen können.

Ebenfalls beschlossen wurde die Wohnsitzzuweisung. Sie erfolgt aber nicht automatisch, sondern die Bundesländer erhalten die Möglichkeit, Flüchtlingen einen Wohnsitz zuzuweisen, sofern dort Wohnraum und die Chance auf Ausbildung oder Arbeitsplätze größer sind.

Der Druck auf die Regierung wächst, Frauen und Kinder in Unterkünften besser zu schützen

Am Dienstagnachmittag wurde bekannt, dass sich das Kabinett auch auf eine ergänzende Meseberger Erklärung verständigt hat. Damit haben die SPD und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ein erstes Ziel auf dem Weg zu einem Schutzkonzept erreicht. In der Erklärung kündigt das Kabinett an, mit den Ländern zu prüfen, inwieweit vor allem für Frauen und Kinder die Sicherheit in Flüchtlingsunterkünften verbessert werden muss und kann.

Schwesig fordert das seit langem. "Die Anzeigen mehren sich, und wir müssen leider davon ausgehen, dass die Dunkelziffer hoch ist", sagte sie der SZ. Nötig seien konkrete Schutzkonzepte und die Verpflichtung der Träger, diese in den Einrichtungen zu verankern. Vor allem die CSU aber lehnt zusätzliche Hilfen bislang ab. Während der Klausur war zu hören, dass die Christsozialen mit CSU-Chef Horst Seehofer derzeit alle weiteren Verbesserungen für Flüchtlinge ablehnten, weil sie befürchten, dass das der Alternative für Deutschland Argumente gegen den gesamten Kurs der Koalition bieten könnte.

Gleichwohl wächst der Druck auf die Regierung, etwas zu tun. Nach der evangelischen Kirche forderte zuletzt auch das Deutsche Rote Kreuz, Frauen und Kinder in Unterkünften besser zu schützen. Nötig seien Mindeststandards wie abschließbare Duschen, Rückzugsräume und bessere Schulung des Personals, um Übergriffen von Flüchtlingen und Sicherheitsleuten, aber auch freiwilligen Helfern vorzubeugen.

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Quelle:
SZ vom 25.05.2016
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