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Integrations-Debatte:Merkel: "Multikulti ist absolut gescheitert"

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Die Unionsspitze lässt nicht vom neuen, alten Lieblingsthema Integration: Kanzlerin Merkel stellt sich hinter Seehofer, der seine Position in einem Artikel weiter ausformuliert.

CSU-Parteichef Horst Seehofer hat seine Positionen in der Zuwanderungs-Diskussion in einem Sieben-Punkte-Plan zur Integration bekräftigt. In dem Papier, das das Nachrichtenmagazin Focus am Samstag veröffentlichte, beharrte der bayerische Ministerpräsident darauf, dass Deutschland kein Zuwanderungsland sei. Auch könne ein prognostizierter Fachkräftemangel "kein Freibrief für ungesteuerte Zuwanderung sein", schrieb Seehofer.

Der Ministerpräsident hatte bereits am Freitag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam gesagt: "Wir dürfen nicht zum Sozialamt für die ganze Welt werden." Bevor über eine weitere Zuwanderung debattiert werde, müssten die in Deutschland lebenden Migranten integriert und qualifiziert werden.

In dem Sieben-Punkte-Plan hält Seehofer den Zuzug hochqualifizierter Personen für "ausreichend geregelt" - dies, obwohl die Zahlen des Stastischen Bundesamtes belegen, dass mehr Menschen aus- als einwandern (siehe Grafik).

Nach Seehofers Ansicht sollte es keine Aufweichung der restriktiven Regeln des geltenden Zuwanderungsgesetzes, keine Zuwanderung nach Kontingenten oder Punktesysteme geben.

Seehofer sprach sich dafür aus, die "Integrationsbereitschaft und Integrationsfähigkeit als zusätzliches Kriterium neben der Qualifikation" einzuführen. Darüber hinaus will der CSU-Chef laut Focus das Nachzugsalter für Kinder von 16 auf zwölf Jahre herabsetzen. "Je jünger Kinder bei der Einreise sind, desto besser können sie sich integrieren", sagte Seehofer, und regte eine Änderung der entsprechenden EU-Richtlinie an. Bei Integrationsverweigerern forderte Seehofer eine konsequente Anwendung der Sanktionsmöglichkeiten - "vom Bußgeld bis zur Leistungskürzung".

Auch wer "die Integration seiner Familienangehörigen behindert", solle wie bei eigener Integrationsverweigerung sanktioniert werden. Eine hohe Bedeutung für gelungene Integration misst Seehofer dem Erwerb der deutschen Sprache bei - und zwar schon vor dem Zuzug. "Hierfür ist der Nachweis der deutschen Sprache bereits im Herkunftsland zu erbringen", betonte Seehofer.

"Absolut gescheitert"

Grundsätzlich forderte der CSU-Chef ein klares Ziel der Integration: "Integration heißt nicht nebeneinander, sondern miteinander leben auf dem gemeinsamen Fundament der Werteordnung unseres Grundgesetzes und unserer deutschen Leitkultur, die von den christlich-jüdischen Wurzeln und von Christentum, Humanismus und Aufklärung geprägt ist."

Auch Angela Merkel setzt verstärkt auf das Reizthema Zuwanderung. Die Bemühungen um den Aufbau einer Multikulti-Gesellschaft in Deutschland sind nach den Worten der Kanzlerin fehlgeschlagen. "Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert", sagte Merkel am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam.

In der Vergangenheit sei zu wenig verlangt worden. Es sei aber eine berechtigte Forderung, dass Zuwanderer die deutsche Sprache lernten, um eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Zwangsehen seien nicht akzeptabel, und natürlich müssten auch Mädchen aus Migrantenfamilien auf Schulausflüge mitgehen dürfen. Zugleich müsse dafür gesorgt werden, dass Straftaten rasch abgeurteilt würden und es keine Stadtteile gebe, in die sich die Polizei nicht hineintraue. Zugleich stellte sich Merkel hinter die in Teilen der Union umstrittene Aussage von Bundespräsident Christian Wulff, wonach der Islam ein Teil Deutschlands ist. "Er ist ein Teil Deutschlands - das sieht man nicht nur am Fußballspieler (Mesut) Özil", betonte Merkel mit Verweis auf den türkischstämmigen Torschützen der deutschen Nationalelf.

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