Instagram-Profil der syrischen Regierung:Assads heile Welt im Netz

Assad Instagram Syrien

Die syrische Regierung hat jetzt ein eigenes Profil auf Instagram.

(Foto: Screenshot)

Was für nette Bilder: Das Regime von Syriens Diktator Assad hat sich ein eigenes Instagram-Profil eingerichtet. Von Gräueltaten ist keine Spur zu sehen, stattdessen findet sich dort Assads reizende Gattin. Die US-Regierung findet diese Propaganda "abscheulich" - und auch die syrische Opposition antwortet prompt.

Von Benjamin Romberg

Da steht sie und strahlt: Asma al-Assad, die Frau des syrischen Diktators, hält eine ältere Dame im Arm, für die, so der Eindruck auf dem Bild, gerade ein Traum in Erfüllung geht. Sie sieht glücklich aus. Kein Wunder, schließlich hat sich der Sohn der älteren Dame als "Märtyrer" für das Regime Baschar al-Assads geopfert, wie die Bildunterschrift suggeriert. Ein Verlust, der sich gelohnt hat. Ein Verlust, der nun, da sie in den Armen von Assads Ehefrau liegt, zu verschmerzen ist. Das Bild hat die syrische Regierung auf ihrem offiziellen Instagram-Profil veröffentlicht, gemeinsam mit zahlreichen ähnlichen Aufnahmen.

Auf vielen ist Asma, die fotogene Gattin des syrischen Machthabers, zu sehen. Sie ist in London geboren, tritt häufig in der Öffentlichkeit auf, war schon in der Vogue. Sie weiß sich in Szene zu setzen. Sie wirkt. Daneben sieht Assad selbst fast ein bisschen blass aus - aber auch von ihm sind viele Bilder bei Instagram zu finden. Baschar am Schreibtisch, konzentriert bei der Arbeit. Baschar mit fröhlichen Kindern. Baschar, der sich von seinem Volk feiern lässt.

Der erste Post auf dem Profil stammt vom 24. Juli. "Willkommen auf dem offiziellen Instagram-Account der Präsidentschaft der Syrisch Arabischen Republik" heißt es auf der Startseite in englischer und arabischer Sprache. Die Echtheit des Profils lässt sich kaum überprüfen, allerdings gleichen die Bilder sehr dem Auftritt der Assad-Regierung bei Facebook. Zudem gibt es einen Verweis auf dem entsprechenden Twitter-Account.

"Tolle Propaganda"

Mehr als 29.000 Anhänger hat Assad bereits auf Instagram - alle finden die Bilder super, so scheint es. Das liegt vor allem daran, dass die Administratoren des Profils offenbar bemüht sind, negative Kommentare herauszufiltern. Dabei kommen sie aber nicht immer ganz hinterher. "Was für ein Witz" ist am Donnerstagvormittag unter einem Bild zu lesen. "Awesome propaganda" steht unter einem anderen. Denn diese Sammlung hübscher Bilder ist nichts anderes als: "tolle Propaganda".

Seit etwa zwei Jahren tobt ein blutiger Bürgerkrieg in Syrien. Dem Assad-Regime wird vorgeworfen, brutal gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind bislang 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Zwei Millionen Syrer sind auf der Flucht. Keine schönen Bilder, die in den Abendnachrichten zu sehen sind. Die gibt es dafür auf Instagram und Facebook. In Assads heiler Welt.

Eine Vertreterin des US-Außenministeriums sprach am Mittwoch von einer "verabscheuungswürdigen PR-Aktion" und von einem "widerwärtigen Versuch, die Brutalität und das Leid zu vertuschen".

Gewiss: Propaganda gehört zu Kriegen wie Gewehre und Panzer. Das ist nicht neu. Neu sind nur die Kanäle, über die Kriegsparteien versuchen, die eigene Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit mit für sie vorteilhaften Bildern und Informationen zu füttern. Der Arabische Frühling wurde als Social-Media-Revolution bekannt. Die Protestbewegungen in Tunesien, Ägypten und Libyen formierten sich vor allem im Netz - Blogs, Facebook und Twitter statt Flugblätter und Plakate. Ebenso wie die Opposition ist sich aber längst auch die andere Seite der Wirkung sozialer Medien bewusst.

Auch die Rebellen nutzen Propaganda

Das führt zu zweierlei Reaktionen: Auf der einen Seite versuchen totalitäre Regime, ihren Bürgern den Zugang zum Netz zu erschweren. So geschehen in Ägypten, wo der 2011 gestürzte Hosni Mubarak die Proteste unterbinden wollte, indem er den Internet-Zugang kappen ließ. In Libyen schaffte es der inzwischen getötete Diktator Muammar al-Gaddafi zwischenzeitlich, dass die Menschen nur noch mit Satellitentelefonen das Internet nutzen konnten. Auf der anderen Seite, das zeigt der Fall von Assad, nutzen die Regime die Kanäle des Netzes selbst für Propagandazwecke.

Die empörte US-Regierung empfiehlt deshalb, sich ungefilterte Fotos anzusehen, um die "schrecklichen Grausamkeiten in Syrien zu sehen". Doch hier liegt das Problem: Wo sind diese ungefilterten Fotos zu finden? Vermutlich nicht auf dem Instagram-Profil, das syrische Aktivisten als Antwort auf Assads schöne Bilder eingerichtet haben.

Sie haben den Account der Regierung nachgeahmt: gleicher Name, gleiches Logo - andere Bilder. Aufnahmen von zerbombten Häusern, blutüberströmten Kindern und toten Babys. "Hinter den Kulissen des offiziellen Instagram-Profils der syrischen Regierung" steht auf der Startseite. Und: "Verschließt Euch nicht vor der Wahrheit."

Angesichts solcher Bilder möchte kaum jemand an deren Echtheit zweifeln. Doch auch wenn in diesem Konflikt die Frontlinien zwischen Gut und Böse vermeintlich leicht zu verorten sind - auch die Opposition nutzt Propaganda. Und auch die Aufständischen begehen Gräueltaten. Erst im Mai war ein Video aufgetaucht, in dem ein Kommandeur der Rebellen einem toten Soldaten der Assad-Armee das Herz herausschneidet und es zum Mund führt, als wolle er es essen. Begleitet wird die Szene von martialischen Sprüchen.

Und so stellt sich die Frage: Wo findet man die Wahrheit in diesem blutigen Konflikt? Schwer zu sagen. Nur eines ist sicher: nicht auf Instagram.

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