Insolvenz:Investor warnt vor Scheitern der Air-Berlin-Gespräche

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Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl sieht nach dem wilden Pilotenstreik die Rettung in Gefahr - die Bundesregierung übt scharfe Kritik.

Von Markus Balser, Jens Flottau und Cerstin Gammelin, Berlin/Frankfurt

Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl, der die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin als Ganzes erhalten und für ihren Kauf bis zu 500 Millionen Euro bieten will, warnt vor einem Scheitern der Gespräche. Mögliche Investoren könnten durch die Flugausfälle "verunsichert werden und sich aus dem Bieterverfahren zurückziehen", sagte er der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch. "Bisher konnte ich unsere Partner bei der Stange halten, aber auch in diesem Kreis fragt man sich, ob die Piloten wissen, was sie tun."

Anlass zur Sorge ist das Chaos um die anhaltenden Flugausfälle bei Air Berlin. Am Mittwoch hatten sich erneut etwa 150 Piloten krankgemeldet. Dutzende Flüge mussten gestrichen werden. Hinter der Krankheitswelle wird ein illegaler Streik der Piloten vermutet. Wöhrl fürchtet nun, dass der staatliche 150-Millionen-Euro-Kredit verbraucht sein könnte, ehe die Kaufverträge ausgehandelt sind. Das würde zur "Einstellung des Flugbetriebes und damit möglicherweise zu einem klassischen Insolvenzverfahren führen".

Die Bundesregierung hatte den Kredit bewilligt, um den Flugbetrieb während des Insolvenzverfahrens zu sichern. Von den 150 Millionen Euro sind bereits 24 Millionen Euro an die Fluglinie überwiesen worden, bestätigten Regierungskreise in Berlin. Der gesamte Kredit sollte eigentlich bis November reichen, ob das gelingt, ist unklar. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte am Mittwoch, es gebe trotz der unerwarteten Flugausfälle keinen Grund, die Kreditvergabe noch einmal zu prüfen. "Der Kredit ist gewährt. Wir gehen davon aus, dass alles wie geplant ablaufen kann", sagte sie. Die nächsten Tranchen würden angewiesen, sobald Air Berlin entsprechend Bedarf anmelde. Die Opposition forderte angesichts der dramatischen Lage, den Kredit im Sinne der Steuerzahler vorrangig zu sichern. "Die Bundesregierung muss unter allen Umständen sicherstellen, dass dieser Kredit zurückgezahlt wird", sagte der Haushaltsexperte der Grünen, Sven-Christian Kindler. "Die Bürger dürfen nicht die Zeche für Missmanagement bei Air Berlin zahlen."

Auch aus Sicht der Bundesregierung gefährden die Krankmeldungen von Air-Berlin-Piloten den Verkauf der Airline und die Rettung von 8000 Arbeitsplätzen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) warnte vor "Störfeuern". Im Vordergrund müsse stehen, Arbeitsplätze zu erhalten. Es gehe darum, "möglichst viel von den Werten von Air Berlin tatsächlich noch zu retten". Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann geht davon aus, dass sich der Flugbetrieb am Donnerstag normalisiert. Viele Piloten hätten sich gesund zurückgemeldet.

Die Verkaufsverhandlungen gehen nun in die entscheidende Phase. Interessenten können bis Freitag Angebote abgeben. Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich auch ein chinesischer Investor bewirbt. Die Betreiber-Gesellschaft des Flughafens Parchim in Mecklenburg Vorpommern, Link Global Logistics, erwägt eine Offerte. Die Bundesregierung sieht das Angebot skeptisch.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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