Die Sicherheitsbehörden des Bundes stehen vor einem vermutlich tiefgreifenden Umbau. Eine Expertenkommission unter Leitung des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Eckart Werthebach empfiehlt der Bundesregierung nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt (BKA) zu einer großen Sicherheitsbehörde zusammenzuschließen. Der dem Bundesfinanzministerium unterstehende Zoll mitsamt seines eigenen Kriminalamts soll aber nach Angaben aus Sicherheitskreisen auch auf Wunsch von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) weiterhin eigenständig bleiben.
Ob und welchen Vorschlägen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) folgen wird, ist noch offen. In Sicherheitskreisen der Koalition hieß es, de Maizière scheine bereit, Bundespolizei und BKA zu verschmelzen. Die Hauptstandorte Potsdam und Wiesbaden sollten dabei aber erhalten bleiben. Den Zoll wolle de Maizière aber offenkundig unter der Obhut von Finanzminister Schäuble - seinem Vorgänger im Innenministerium - belassen. Sicherheitsexperten der Union und der FDP hatten bislang eine Verschmelzung einiger Zollbehörden unter Federführung des Innenministeriums befürwortet.
Zugleich will die Bundesregierung organisatorische Konsequenzen aus den vereitelten Paketbombenanschlägen aus dem Jemen ziehen und die Überwachung der Luftfracht verschärfen. Innen-Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche legte die Vorschläge einer Arbeitsgruppe vor. Danach soll die Bundespolizei, die schon jetzt die Passagiere an den Flughäfen kontrolliert, dort auch die Sicherheit der Frachtgüter überwachen. Zudem soll der Bundesinnenminister ermächtigt werden, bei Terror-Gefahren Flüge und Frachttransporte zu verbieten. Jedoch konnte sich de Maizière nicht mit seiner Forderung durchsetzen, die gesamte Verantwortung für die Luftfracht in seinem Haus anzusiedeln.
Für die Zulassungsprüfungen der Frachtunternehmen soll weiter das Luftfahrtbundesamt zuständig sein. Der Zoll, der ebenfalls Frachtgüter an Flughäfen kontrolliert, wird weiter in eigener Regie prüfen, soll aber eng mit der Bundespolizei zusammenarbeiten und die Lieferdaten von Frachtsendungen künftig auch den Sicherheitsbehörden in Deutschland und Europa zur Verfügung stellen. Geplant ist eine Art "Paketrasterfahndung", mit dem verdächtige Sendungen frühzeitig erkannt werden. Auf Fragen, warum die Zuständigkeit nicht in seinem Ministerium gebündelt würde, verwies Fritsche auf die großen Erfahrungen, die die beiden anderen Ressorts bei ihren Aufgaben gesammelt hätten.
In Koalitionskreisen hieß es, Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) habe die Kompetenzen seines Hauses nicht abgeben wollen. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), nannte die Vorschläge einen "Kompromiss", der zumindest garantiere, dass die Bundespolizei an Flughäfen für Sicherheit sorgen solle. Der Innenexperte der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte, auch er hätte eine alleinige Zuständigkeit des Innenressorts befürwortet.
Im Oktober waren zwei Sprengstoff-Pakete abgefangen worden, die vermutlich von islamischen Terroristen aus dem Jemen in die USA geschickt worden waren. Eines ging über den Kölner Flughafen nach Großbritannien und hätte nach Angaben der Behörden in der Luft explodieren sollen. Die EU-Staaten wollen alsbald Listen unsicherer internationaler Flughäfen erstellen und diesen Airports bei der Verbesserung der Kontrollen helfen. Nach bisheriger Praxis werden Frachtgüter im Exportland überprüft. (Seite 4)