Innenministerkonferenz:Mehr Befugnisse für Polizei

Die Länder wollen Ermittlungen gegen Kinderpornografie erleichtern. Um Zugang zu Foren zu erhalten, sollen auch Polizisten einschlägiges Material hochladen dürfen - aber nur computergeneriertes.

Von Ulrike Heidenreich

Die Zahl der Bilder und Videos von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nimmt monströse Ausmaße an. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) vom Mai hatte einen Anstieg von Missbrauchsdarstellungen im Internet von 14,5 Prozent mit Kindern und von 24 Prozent mit Jugendlichen innerhalb eines Jahres registriert. Die Justizminister der Länder wollen nicht mehr hilflos zusehen: Bei ihrer Konferenz in Eisenach am Donnerstag haben sie sich mehrheitlich darauf geeinigt, Kinderpornografie-Ermittlern mehr Möglichkeiten bei der Fahndung zuzugestehen. Polizisten sollen selbst einschlägiges Material im Internet hochladen dürfen.

Nach jetziger Rechtslage würden sich die Ermittler strafbar machen - obwohl sie damit möglicherweise weitere Straftaten verhindern. Um Zugang zur Szene im Dark-net und in den internationalen Pornografie-Foren zu bekommen, müssen Ermittler meist eine sogenannte Keuschheitsprobe liefern. Sie können sich erst einloggen, wenn sie selbst Videos oder Fotos von Kindesmissbrauch einstellen. Damit sichern sich die Täter und Hintermänner ab, um unter ihresgleichen zu bleiben.

Um die Kriminellen in Sicherheit zu wiegen und später überführen zu können, sollen verdeckte Ermittler künftig aktiv Bilder hochladen dürfen - allerdings nur computergenerierte, die wie echt wirken. Es wird also kein Kind in sexuellen Posen fotografiert, sondern ein künstliches Bild programmiert. In anderen Ländern dürfen Ermittler dies bereits. Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hatte bei der Tagung auch die Idee ins Spiel gebracht, im Einzelfall echtes kinderpornografisches Material zu nutzen. Es habe Angebote von Opfern gegeben, ihr bereits im Umlauf befindliches Material zum Zwecke der Fahndung zur Verfügung zu stellen. Dies wurde verworfen.

Laut PKS wurden 2017 rund 6500 Fälle sogenannter Kinderpornografie angezeigt sowie 1300 Fälle der Verbreitung jugendpornografischer Schriften. Dies sind aber nur die erfassten Straftaten, die Dunkelziffer ist hoch. Polizeiexperten sehen den Vorstoß der Justizminister kritisch. So meint der Vize-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler. "Künstlich erzeugte Bilder sind für Täter relativ leicht als Fälschungen zu erkennen."

Wie rapide die Gefahren für Minderjährige zunehmen, zeigt eine Untersuchung der Internet Watch Foundation (IWF): Die gemeinnützige britische Organisation geht gegen Missbrauchsabbildungen vor. Demnach ist die Zahl der Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten innerhalb eines Jahres um 35 Prozent gestiegen - auf mehr als 80 000 Seiten. 55 Prozent der abgebildeten Kinder sind jünger als zehn Jahre, 85 Prozent von ihnen sind Mädchen. Laut IWF zeigt jede dritte Seite schwere Verbrechen wie Folter und Vergewaltigung.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: