Süddeutsche Zeitung

Innenminister der Union:"Nichts schafft so viel Sicherheit wie der Beamte auf der Straße"

  • Burka-Verbot und doppelte Staatsbürgerschaft - darüber wurde in der Union zuletzt gestritten.
  • Nun haben sich Bundesinnenminister de Maizière und die Länderinnenminister der Union auf gemeinsame Positionen geeinigt.
  • Ein sogenanntes Burka-Verbot soll ihren Wünschen nach in zentralen Bereichen des öffentlichen Lebens greifen. Von einer Abschaffung des Doppelpasses ist nicht mehr die Rede.

Von Barbara Galaktionow

Was wurde in der vergangenen Woche innerhalb der Union nicht alles debattiert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière widersprach Forderungen der Länderinnenminister von CDU und CSU nach einem Vollverschleierungsverbot und einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. Man könne "nicht alles verbieten, was man ablehnt", sagte er im Hinblick auf ein sogenanntes Burka-Verbot.

Sein eigener Maßnahmenkatalog zur Stärkung der inneren Sicherheit wurde dagegen von Unionspolitikern als "nicht ausreichend" bezeichnet. Vor allem aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, beides Bundesländer, in denen demnächst gewählt wird, kamen vehemente Forderungen nach einem Burka-Verbot. CDU-Vize Armin Laschet sprang de Maizière bei und warnte davor, weiter über Vollverschleierung und doppelte Staatsangehörigkeit zu diskutieren, weil dies mit innerer Sicherheit ohnehin wenig zu tun habe. "Eine solche Geisterdebatte hilft keinem außer der AfD", sagte er dem Focus.

Erst am Freitag kehrt plötzlich Einigkeit ein, als de Maizière gemeinsam mit den Ländervertretern Frank Henkel aus Berlin und Lorenz Caffier aus Mecklenburg-Vorpommern den sicherheitspolitischen Forderungskatalog der Innenminister von CDU und CSU präsentiert. Die Unionsminister unterstützen das Maßnahmenpaket de Maizières aus der vergangenen Woche "ausdrücklich", betont Caffier.

Und der Bundesinnenminister legt dar, dass dies eben zwei Paar Stiefel seien: Den Maßnahmenkatalog habe er als Bundesminister in einer Regierung der Union mit der SPD vorgelegt, in Berlin hätten er und die Innenminister als "Vertreter der Union" darüber beraten, welche Positionen sie verbinden.

Was die Vollverschleierung angeht, haben die Unionsminister zu einem Kompromiss gefunden. Und über die doppelte Staatsbürgerschaft - bei der alles bleibt, wie gehabt - wurde einfach nicht mehr viel geredet. Hier die zentralen Forderungen der Unions-Innenminister:

Vollverschleierungsverbot in bestimmten Bereichen

"Wir lehnen die Vollverschleierung, nicht nur die Burka, sondern auch die andere Form, die nur die Augen sichtbar macht (den Niqab, Anm. d. Red.), ab", stellt de Maizière fest. Gesicht zu zeigen sei für unsere Gesellschaft "konstitutiv". Deshalb hätten sie sich darauf geeinigt, dass in den Bereichen, in denen "das Gesicht zeigen auch eine Funktion hat", die Vollverschleierung verboten werden solle. Das beträfe den gesamten öffentlichen Dienst, Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Gerichtssäle ebenso wie Meldeämter, Fahrten mit dem Auto oder Demonstrationen. Verstöße gegen das Verschleierungsverbot sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Der Bundesinnenminister räumt zwar ein, dass das Tragen einer Vollverschleierung in Deutschland "insgesamt gesehen kein großes Problem" sei, betont jedoch, es stünde "ein Stück weit synonym für die Frage: Welche Rolle sollen bestimmte Teile des Islam in Deutschland spielen?". Den Unionsministern sei es ein Anliegen gewesen, klar zu machen, dass die Burka "in diesem Lande gesellschaftspolitisch unerwünscht" sei.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, die Vollverschleierung solle in seinem Bundesland für alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes des Landes sowie im Bildungsbereich untersagt werden. "Uns ist wichtig, dass wir nicht nur Forderungen in die Welt setzen, sondern die Menschen sehen, dass das auch umgesetzt wird", sagte er. Zugleich räumte er ein, dass Vollverschleierung an deutschen Gerichten oder Hochschulen "zahlenmäßig bislang keine Rolle" spiele.

Doppelte Staatsbürgerschaft

Hier bleibt erst einmal alles wie gehabt: Die Forderung der Länderinnenminister nach einer Abschaffung des Doppelpasses ist vom Tisch. Berlins Innensenator Henkel zeigt sich dennoch zufrieden. Bis 2019 wolle die Union evaluieren, wie sich die relativ neue Regelung eines Doppelpasses für in Deutschland geborene Kinder auswirkt. Dies sei eine "kluge und deutliche Antwort", findet er. Von "gespaltener Loyalität", wie im Ursprungsentwurf der Berliner Erklärung, ist nicht mehr die Rede.

15 000 zusätzliche Polizisten, bessere Ausrüstung

In diesem Punkt herrscht wohl wirklich große Übereinstimmung zwischen den Innenministern der Länder und de Maizière. "Nichts schafft so viel Sicherheit wie der Sicherheitsbeamte auf der Straße", sagt Berlins Innensenator Henkel. "Wir brauchen mehr Polizei, wir brauchen eine bessere Ausstattung, wir brauchen mehr Befugnisse für die Nachrichtendienste", sagt Caffier.

15 000 neue Polizistenstellen im Bund und den Ländern halten die Unionspolitiker bis 2020 für wünschenswert. Der Bund habe hier mit den kürzlich beschlossenen 4200 Stellen bereits "vorgelegt", sagt de Maizière. Nun sei im Gespräch, die Zahl der Polizisten noch einmal in einem "mittleren vierstelligen Bereich" zu erhöhen. Auch die Ausstattung der Sicherheitsbeamten soll verbessert werden.

Sehr wichtig sei ihm auch, dass Technik intelligenter genutzt werde, um gegen Straftäter vorzugehen, sagt der Bundesinnenminister. Hier gehe es nicht um eine Ausweitung der Befugnisse. "Sicherheitskräfte müssen das auch technisch können, was sie schon jetzt rechtlich dürfen", sagt er.

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