Informationsweitergabe im Fall Edathy:Oppermann bestreitet eigenes Fehlverhalten

Sebastian Edathy SPD

Sebastian Edathy äußerte sich zu den Anschuldigungen gegen ihn.

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Er habe sich "in jeder Hinsicht gesetzeskonform verhalten", so Thomas Oppermann. Nach dem Rücktritt von Landwirtschaftsminister Friedrich erhebt die CSU schwere Vorwürfe gegen den SPD-Fraktionsvorsitzenden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann weist eigenes Fehlverhalten in der Affäre um den früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy zurück. Er sei sich "der Brisanz der Informationen" des damaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) sehr bewusst gewesen und habe sich "in jeder Hinsicht gesetzeskonform verhalten", sagte Oppermann der Bild am Sonntag.

Sein umstrittenes Telefonat mit BKA-Chef Jörg Ziercke begründete Oppermann mit seinen Dienstpflichten als damaliger Fraktionsgeschäftsführer. "Es stand eine Regierungsbildung bevor mit wichtigen Personalien. Da kann es zu schweren Fehlentscheidungen kommen", sagte er. "Als der Hinweis auf Edathy kam, hatte ich die Sorge, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte." Er habe bei Ziercke angerufen, "um die Sache einordnen zu können". Der BKA-Chef habe ihm aber "keine Einzelheiten genannt". Ziercke habe die von ihm vorgetragenen Informationen "nicht kommentiert". Daher habe er den Eindruck gehabt, "dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist".

Edathy wollte über Karrieremöglichkeiten sprechen

Tatsächlich habe Edathy ihn im Rahmen der Koalitionsverhandlungen im November auf mögliche Karrieremöglichkeiten angesprochen, so Oppermann weiter. "Dabei habe ich zum Ausdruck gebracht, dass seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss hoch geschätzt werde, ich ihm jetzt aber noch nichts über künftige Möglichkeiten sagen könne." Daraufhin sei Edathy nicht wieder auf Oppermann zugekommen.

Seine Pressemitteilung vom Donnerstag verteidigte Oppermann mit seinen Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit. Der SPD-Fraktionschef hatte darin bekanntgegeben, dass Friedrich den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel bereits im Oktober informiert hatte. Er habe die Erklärung mit Friedrich telefonisch abgesprochen, betonte Oppermann erneut. Entschieden wies Oppermann den Verdacht zurück, dass Edathy direkt oder indirekt aus der SPD gewarnt worden sein könnte: "Ich habe in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt mit ihm gehabt. Und ich bin absolut sicher, dass keiner von uns Sebastian Edathy irgendeinen Hinweis gegeben hat."

Edathy bestreitet, gewarnt worden zu sein

Auch Edathy selbst bestreitet, dass ihn jemand wegen der drohenden Kinderpornografie-Ermittlungen vorgewarnt habe. Er habe lediglich auf Presseberichte reagiert, sagte Edathy dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel mit Blick auf frühe Nachfragen seines Anwalts bei verschiedenen Behörden.

Mitte November 2013 hätten deutsche Medien berichtet, dass eine Firma in Kanada von dortigen Behörden der Verbreitung illegalen Materials bezichtigt werde, sagte der SPD-Politiker. "Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es mutmaßlich ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten." Edathy sagte dem Magazin, er halte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für ungeheuerlich. "Sie wirft mir ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor, was sie aber nicht davon abhält, Details eines legalen Verhaltens zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen."

Edathy wehrte sich auch gegen den Vorwurf, er habe vor der Hausdurchsuchung bei ihm Beweismaterial vernichtet. Das Vorgehen der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover bezeichnete er als "ungeheuerlich".

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Edathy wegen des Verdachts auf den Besitz von Kinderpornografie. Die Behörde hatte angesichts der Aktivitäten des Anwalts kritisiert, dass der Politiker bereits seit November mit einem Verfahren gegen ihn gerechnet habe. Die Ermittler seien deshalb "hoffnungslos" im Nachteil gewesen.

CSU und FDP setzen Oppermann unter Druck

Im Fall Edathy wächst der Unmut der CSU gegen die SPD und ihren Fraktionschef Thomas Oppermann. Der Rücktritt von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich sei für die Partei ein "bitterer Tag" gewesen, sagte CSU-Chef Horst Seehofer auf dem kleinen Parteitag in Bamberg und fordert den Koalitionspartner heraus. "Es stellen sich eine ganze Menge Fragen an die SPD."

Obwohl Seehofer wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Friedrich binnen kurzer Zeit fallenließ, bekam der Parteichef von den CSU-Delegierten Anerkennung. Allerdings nur in einem Maß, das nicht als Kritik am Parteichef missverstanden werden könnte. "Mangelnde Unterstützung war überall", fasste Friedrich die Atmosphäre kurz vor seinem Rücktritt zusammen. Sein Nachfolger soll am Montag bekanntgegeben werden.

Die CSU nutzte ihren Parteitag, um heftige Kritik an der SPD zu üben. Es sei ein "ungewöhnlicher Vorgang", wenn von einem Koalitionspartner ein Rücktritt gefordert werde, sagte Seehofer. Der CSU-Chef nannte es "hochproblematisch", dass die SPD die Vertraulichkeit des Wortes gebrochen habe.

Damit zielte er darauf, dass SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann mit der Information an die Öffentlichkeit gegangen war, Friedrich hätte in der Edathy-Affäre im Oktober SPD-Chef Sigmar Gabriel informiert. Seehofer sagte in Bamberg, diese "Geschwätzigkeit" sei unerklärlich und "schärfstens zurückzuweisen". Und er forderte die SPD auf, noch am Wochenende ihr Verhalten und ihre Widersprüche aufzuklären. Das spielte ebenfalls auf den SPD-Fraktionschef an: Oppermann zufolge habe Friedrich im Telefonat mit Gabriel erwähnt, dass SPD-Politiker Sebastian Edathy womöglich strafrechtliche Ermittlungen drohten.

Friedrich bestreitet dies weiterhin vehement. Obwohl er ansonsten recht entspannt mit seinem erzwungenen Rücktritt umzugehen scheint, ist auch bei Friedrich Unmut über Oppermann spürbar. Oppermann sei wegen widersprüchlicher Aussagen zur Edathy-Affäre selbst schon "am Schlafittchen" gewesen und habe deshalb am Donnerstag mit dem Gang an die Öffentlichkeit ihm den Ball zugeschoben. "Das ist nicht ganz fein", sagte Friedrich. Ein CSU-Vorstandsmitglied ging sogar so weit zu sagen, Oppermann habe Friedrich ans Messer geliefert, um sich selbst zu retten - das dürfe sich die CSU nicht bieten lassen.

Gabriel schließt personelle Konsequenzen in der SPD aus

Das Misstrauen in der CSU gegen die SPD-Spitze geht so weit, dass der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl im Focus eidesstattliche Erklärungen der SPD-Spitze zu der Frage verlangte, mit wem sie über die Causa Edathy gesprochen hat. Seehofer hütete sich zwar davor, es auszusprechen, aber in der CSU ist hinter vorgehaltener Hand die Rede davon, dass nur ein Rücktritt Oppermanns die Situation schnell einigermaßen befrieden könne. Personelle Konsequenzen in seiner Partei schloss SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Bild-Zeitung allerdings aus.

FDP-Politiker und Jurist Wolfgang Kubicki griff Oppermann ebenfalls an. Er forderte in der Nordwest-Zeitung ein Ermittlungsverfahren. Kubicki will eigenen Angaben zufolge eine Strafanzeige gegen Oppermann prüfen. Der Sozialdemokrat habe mitgeteilt, "wie einfach es ist, einfach zum Telefon zu greifen, den Chef des Bundeskriminalamtes anzurufen und von ihm geheime Informationen zu erhalten". Oppermann habe sich damit strafbar gemacht, sagte Kubicki: Er habe BKA-Chef Jörg Ziercke angestiftet, Dienstgeheimnisse zu offenbaren. Auch gegen Ziercke müsse die Staatsanwaltschaft ermitteln, forderte Kubicki.

Außerdem forderte auch CDU-Vize Armin Laschet eidesstattliche Erklärungen von den beteiligten Sozialdemokraten. Es müsse aufgeklärt werden, wer außer der SPD-Führungsriege - Fraktionschef Oppermann, Außenminister Steinmeier, Parteichef Gabriel und Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht - noch Bescheid gewusst habe, forderte Laschet in der Welt am Sonntag.

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