Preise:Inflation springt über sieben Prozent

Der Preisauftrieb ist so stark wie seit 40 Jahren nicht. Gleichzeitig steigt die Gefahr einer Rezession.

Von Harald Freiberger

Die Preise in Deutschland sind im März so stark gestiegen wie seit Jahrzehnten nicht. Die bundesweite Inflationsrate lag bei 7,3 Prozent; im Februar waren es noch 5,1 Prozent gewesen. "Das liegt vor allem am Ukraine-Krieg, der die Preise für Heizöl und Benzin in die Höhe schießen ließ", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

Der Preisauftrieb ist damit bundesweit so stark wie zuletzt im Jahr 1981, während des ersten Iran-Irak-Krieges. In Nordrhein-Westfalen kletterte die Teuerungsrate auf 7,8 Prozent, so hoch wie zuletzt 1973 in der Ölkrise. Am stärksten war die Inflation in Hessen mit 8,0 Prozent. Energie verteuerte sich bundesweit im März im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 40 Prozent. Der Ukraine-Krieg führt auch zu Knappheit bei Agrarrohstoffen. So stiegen die Preise für Speisefette und -öle um rund 20 Prozent und für Gemüse um gut 14 Prozent.

Immer deutlicher zeigt sich, dass die Inflation ein länger anhaltendes Phänomen bleiben wird. Vor einigen Monaten waren viele Ökonomen noch der Ansicht, dass der Preisauftrieb im Laufe dieses Jahres nachlassen wird. Doch der Ukraine-Krieg hat diese Hoffnungen zunichte gemacht. Immer mehr Unternehmen heben die Preise an, um die gestiegenen Energiekosten auf ihre Kunden umzuwälzen. In den nächsten drei Monaten haben dies so viele Firmen vor wie noch nie, geht aus einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervor. "Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben", sagte Ökonom Krämer.

Je mehr der Preisauftrieb an Breite gewinnt, umso wahrscheinlicher wird es auch, dass Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen einen Ausgleich für die Inflation fordern. "Damit steigt das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale", sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Davon sprechen Ökonomen, wenn sich Löhne und Preise immer weiter nach oben schaukeln. Der Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen legte am Mittwoch seine neue Konjunkturprognose vor. Das Gremium, das die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen berät, erwartet wegen des Ukraine-Krieges für Deutschland in diesem Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent; die letzte Schätzung hatte noch bei 4,6 Prozent gelegen. Eine solch drastische Senkung der Prognose hat es selten gegeben.

Selbst eine schrumpfende Wirtschaft schließt der Sachverständigenrat nicht mehr aus. "Das Risiko einer Rezession ist substanziell", sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland. Laut Definition steckt eine Volkswirtschaft dann in der Rezession, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge zurückgeht. Das größte Risiko sieht der Sachverständigenrat in einem Importstopp von russischen Energielieferungen wie Gas. "Dann stürzt Deutschland noch dieses Jahr in eine tiefere Rezession", sagte Wieland. Ein Stopp hätte eine weitere Verteuerung der ohnehin schon stark gestiegenen Preise für Gas, Erdöl und Benzin zur Folge. Die Wirtschaft warnte davor, dass Firmen in existenzielle Schwierigkeiten geraten könnten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: