Inflation:Das Gespenst wartet

Wenn Politiker die Wirtschaft mit ihren Programmen überhitzen, müssen die Notenbanken, so sie denn ihren Job ernst nehmen, sich wehren und endlich einmal die Zinsen erhöhen.

Von Nikolaus Piper

Ginge es nach den Börsen, wäre alles gut. Als bekannt wurde, dass die amerikanischen Verbraucherpreise im Januar stärker als erwartet gestiegen sind, reagierten sie kurz mit einem heftigen Kurssturz, doch der war binnen weniger Minuten schon vorbei. Alle kauften wieder Aktien, als sei nichts gewesen. Nun sind die Anleger derzeit immer noch penetrant optimistisch und insofern schlechte Ratgeber. Man müsste aber blind sein, um die latente Furcht vor steigenden Preisen an der Wall Street und an anderen Finanzplätzen zu übersehen. Kehrt das längst vertrieben geglaubte Gespenst der Inflation doch zurück?

Für viele Verbraucher liegt die Antwort auf der Hand: Natürlich kommt die Inflation. Es wäre auch kein Wunder, wenn Mario Draghi und die amerikanische Fed Geld ohne Ende drucken und das Sparen mit Nullzinsen bestrafen. Man muss sich bloß die Mieten in den Großstädten anschauen. Nur - die Zahlen sagen etwas ganz anderes. Die ganze Aufregung kam nur auf, weil die Verbraucherpreise in den Vereinigten Staaten im Januar um 2,1 Prozent (statt der erwarteten 1,9 Prozent) stiegen. Deutschlands Teuerung (1,6 Prozent) ist im Januar sogar leicht gesunken. Das alles hat mit Inflation im üblichen Sinne nichts zu tun, sondern bedeutet nur, dass die Gefahr einer Deflation, also eines zerstörerischen Preisverfalls gestoppt ist.

Ungemütlicher wird die Sache, wenn man zwei Namen ins Spiel bringt: Jerome Powell und Donald Trump. Der eine ist seit 1. Februar Präsident der amerikanischen Notenbank Federal Reserve, der andere Populist im Weißen Haus und als solcher mit einem einigermaßen widersprüchlichen Verhältnis zu Fragen der Geldwertstabilität ausgestattet. Powells Vorgänger Ben Bernanke und Janet Yellen haben die Finanzkrise auf historisch einmalige Weise mit billigem Geld bekämpft. Ihre durchaus umstrittenen Methoden - Nullzinsen und Kauf von Staatsanleihen - haben gewirkt und der Welt einen ungewöhnlich langen und breiten Aufschwung beschert.

Doch jetzt tritt Donald Trump auf. Er beschließt eine Steuerreform, die viele Unternehmer glücklich macht, aber einen entscheidenden Fehler hat: Sie wird auf Pump finanziert und wird das Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten dramatisch erhöhen. Das wirkt wie ein gigantisches Konjunkturprogramm, eines, das auf dem Gipfel der Konjunktur kommt, also genau zum falschen Zeitpunkt. Es ist ein Rezept, um die Wirtschaft zu überhitzen. Ähnlich wäre es übrigens, würde die nächste Bundesregierung Wolfgang Schäubles Haushaltsüberschüsse schnell für allerhand Wohltaten abbauen.

Die US-Notenbank kann viel falsch machen: steigende Preise riskieren oder einen Absturz

Wenn aber Politiker die Wirtschaft überhitzen wollen, müssen Notenbanken, so sie denn ihren Job ernst nehmen, sich wehren und die Zinsen erhöhen. Die Frage ist, ob Powell dies tun wird; Trump hat ihn ja immerhin nominiert. Auf jeden Fall kann er viel falsch machen. Er kann es mit den Zinsen übertreiben und so die Konjunktur ersticken. Und er kann zu lange warten und zusehen, wie ihm die Preise doch noch entgleiten. Dann gefährdet er auch noch seine Glaubwürdigkeit, weil er als Mann für Gefälligkeiten gilt.

Es ist ein schwer zu lösender institutioneller Konflikt, der sich in Washington abspielt. Davon, ob und wie er gelöst wird, hängt es ab, ob sich die Welt nicht doch eines Tages wegen des Gespensts der Inflation Sorgen machen muss.

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