Industrie:Größe gesucht

Die Entwicklung neuer Verteidigungssysteme dauert lange und kostet viel Geld. Um Großprojekte zu stemmen, tun sich die Unternehmen zusammen. Wenn dann keine Absatzsicherheit besteht, hadern Rüstungsfirmen mit der Politik.

Von Caspar Busse

Armin Papperger ist Vorstandschef der Düsseldorfer Rheinmetall AG, eines der größten deutschen Rüstungshersteller, und zugleich Präsident des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). Mitte März bei der Vorstellung der Rheinmetall-Jahreszahlen sagte er: "Wir brauchen eine gewisse Größe und Power, um Großprojekte zu stemmen."

Damit brachte er das Problem seiner Branche durchaus auf den Punkt: Denn die Entwicklung neuer Verteidigungssysteme, sei es einer neuen Generation von Panzern, eines Drohnensystems oder eines neuen Kampfflugzeugs, dauert lange, und schnell sind Milliarden beisammen. Ob diese Kosten aber je durch den Verkauf wieder eingespielt werden können, ist oft ungeklärt, zu unsicher ist der Absatz. Es sind eben oft größere Stückzahlen notwendig, um die Entwicklung zu finanzieren. Nun wird der Exportstopp nach Saudi-Arabien aber verlängert. Das Problem also: Zu sehr ist der Absatz von politischen Themen abhängig, besonders in Deutschland. Frankreich oder Großbritannien sind da weniger zimperlich.

Die deutsche Rüstungsindustrie hat durchaus eine nennenswerte Größe. Nach Angaben des BDSV gibt es in der Branche 135 000 Jobs. Die größten Unternehmen sind Airbus, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, Diehl und Thyssenkrupp Marine Systems. "Jedes Projekt muss wirtschaftlich sein", heißt es etwa beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus. Es müsse klar geregelt sein, welche Absatzmärkte infrage kommen, und die müssten dann auch beliefert werden können, unabhängig von politischen Konstellationen in Berlin. "Wir brauchen Klarheit", forderte schon im Januar Dirk Hoke, Chef der Airbus-Sparte Verteidigung und Raumfahrt. Er betonte auch, dass sich Deutschland und Europa nicht aus der Verteidigungsindustrie verabschieden dürften: "Europa muss gerade mit Blick auf die Sicherheitsinteressen langfristig seinen Anspruch auf Souveränität in der Welt aufrechterhalten."

Eine höhere Stückzahl bedeutet weniger Kosten pro Stück Exemplar - darum geht es den Herstellern

Dabei gibt es schon jetzt internationale Projekte: Airbus etwa arbeitet mit Partnern aus ganz Europa an einem neuen Kampflugzeug; das Projekt, das ein Nachfolger des Eurofighters werden soll, macht bereits Fortschritte. Zudem haben sich zwei Panzerbauer aus Deutschland und Frankreich zusammengetan: Krauss-Maffei Wegmann, der unter anderem den Leopard 2 herstellt, und der französische Staatskonzern Nexter haben 2015 ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, um militärische Großprojekte gemeinsam zu stemmen. Passiert ist seitdem wenig.

Rheinmetall-Chef Papperger betonte vor drei Wochen, dass dringend größere europäische Militärkonzerne entstehen müssten, um Größenvorteile auszuschöpfen. Bisher sei die europäische Branche von "Kleinstaaterei" geprägt, was im Wettbewerb mit Branchenriesen aus den USA, Russland oder China kein guter Weg sei. Dabei vertritt er auch eigene Interessen. So will Rheinmetall, das unter anderem den Spürpanzer Fuchs herstellt und Teile für den Leopard liefert, bei Krauss-Maffei Wegmann einsteigen und sich damit auch an dem Unternehmen mit Nexter beteiligen. Dann könnte das Unternehmen einen komplett neuen Kampfpanzer entwickeln, der 2030 fertig sein könnte. Aber auch dafür müsste es einen ausreichend großen Markt geben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: